Jetzt spüren auch Verwaltungen, dass nicht mehr alle ausgeschriebenen Stellen schnell besetzt werden können. Nur noch wenige qualifizierte Bewerbungen im Rathaus.

Kreis Segeberg . In der freien Wirtschaft haben viele Unternehmen längst festgestellt, wie schwierig es ist, Fachkräfte zu gewinnen. Schon seit einiger Zeit können nicht mehr alle Lehrstellen besetzt werden. Jetzt spürt auch der öffentliche Dienst, dass nicht mehr alle ausgeschriebenen Stellen schnell besetzt werden können. "Viele Behörden sind nicht mehr wettbewerbsfähig", sagte Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) kürzlich bei einem Besuch im Kreis Segeberg. "Wir brauchen andere Rahmenbedingungen."

Im Kreis Segeberg ist das Problem längst angekommen. In einigen Rathäusern wird ernsthaft überlegt, wie die Lage geändert werden kann. Es gibt offenbar viele Ursachen für den Fachkräftemangel, aber überraschend kommt die Entwicklung nicht. Der Deutsche Beamtenbund hat bereits vor fünf Jahren vor einem massiven Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst ab 2012 gewarnt: Die Nachwuchssorgen würden diesen Bereich nicht nur früher, sondern auch härter treffen als die private Wirtschaft, hieß es damals.

Beamtenbund fordert umfassende Reformen

Der Deutsche Beamtenbund fordert für die etwa 1,3 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst umfassende Reformen im Bereich der Einstiegsgehälter, der Karrieremöglichkeiten und der Ausbildung. Geändert hat sich bisher allerdings nichts. Ähnlich sieht es auch Segebergs Landrätin Jutta Hartwieg. "Wer aus dem IT-Bereich kommt, hat in der Regel eine hohe Qualifikation und kann deshalb mit der Bezahlung im öffentlichen Dienst nicht zufrieden sein." Für sie wäre es denkbar, für Spezialgebiete in der Verwaltung besondere Besoldungen anzubieten. In der Praxis hat sie schon mehrfach festgestellt, dass Fachkräfte nach erfolgreichen Vertragsverhandlungen plötzlich einen Rückzieher gemacht und die sichere Stelle nicht angetreten haben. Das bedeutet für sie: Andere Behörden haben bessere Angebote gemacht und möglicherweise mit guten Aufstiegschancen gelockt. "Es ist mittlerweile so, dass sich die Behörden die Bewerber gegenseitig abspenstig machen", sagt die Landrätin. Sie regt an, dass sich die Verwaltungen interkulturell mehr öffnen.

Bei der Stadt Norderstedt mangelt es vor allem an Bewerbungen im erzieherischen und heilpädagogischen Bereich. Der Grund dafür liegt auf der Hand: In ganz Deutschland werden derzeit von den Städten und Gemeinden Anstrengungen unternommen, um die Vorgaben des Bundes bei der Einrichtung von Krippenplätzen zu erfüllen, aber weitere Kinderkrippen erfordern zusätzliches Personal. "Bis jetzt konnten wir noch alle Stellen besetzen", sagt Hauke Borchardt, Sprecher der Stadt Norderstedt. Aber nach seinen Worten verlässt sich die Stadt Norderstedt längst nicht mehr auf Stellenausschreibungen und wartet ab, was an Bewerbungen in der Personalabteilung ankommt. "Weil die Zahl der qualifizierten Bewerber eher gering ist, sprechen wir die Ausbildungszentren direkt an." Zudem würden künftige Mitarbeiter mit Weiterbildungsangeboten und zum Beispiel mit der HVV-Proficard für den Erwerb verbilligter Monatskarten gelockt.

Um im allgemeinen Verwaltungsbereich nicht ins Hintertreffen zu geraten, geht die Stadt Norderstedt auch sonst gezielt vor, um junge Leute für die Berufe im Rathaus zu interessieren. So wird zum Beispiel regelmäßig auf Ausbildungsmessen geworben - mit gutem Erfolg. "Über die Junge Messe in Norderstedt haben wir eine Anzahl von Auszubildenden generiert", sagt Hauke Borchardt. Zudem würden Praktikumsplätze angeboten, die Stadt beteilige sich regelmäßig an den Boys- und Girlsdays, und junge Auszubildende bekämen schon frühzeitig die Chance, selbstständig zu arbeiten.

Nur noch wenige qualifizierte Bewerbungen im Rathaus

Erhebliche Probleme bei der Anwerbung von Erziehungspersonal für die Kindergärten und -krippen hat auch die Gemeinde Henstedt-Ulzburg registriert. "Der Markt ist leergefegt", sagt büroleitender Beamter Jens Richter. "Derzeit suchen alle Kommunen händeringend nach Personal." Aber auch für alle anderen Posten in der Verwaltung habe die Zahl der Bewerbungen erheblich abgenommen. "Wir bekommen längst nicht mehr die Massen an qualifizierten Bewerbungen."

Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg bilde nach wie vor bedarfsgerecht aus, alle Auszubildende würden anschließend auch übernommen.