Anschließend wurde der Mann mit Schlägen und Tritten malträtiert. Der 20 Jahre alte Angeklagte schweigt vor Gericht

Norderstedt. Durch die aufgerissene Beifahrertür eines neben ihm fahrenden Autos wurde der in Henstedt-Ulzburg auf einem Bürgersteig gehende Vjaceslav B., 39, im September 2012 schmerzhaft zu Fall gebracht. Der Wagen raste dann davon, kam aber kurz danach zurück und B. wurde von zwei Insassen des Fahrzeugs verfolgt und mit Schlägen und Tritten malträtiert. Die Polizei setzte dem Treiben zum Glück ein Ende.

Auf der Anklagebank des Norderstedter Amtsgerichts sitzt nun der 20-jährige Maximilian S. aus Henstedt-Ulzburg, der einer der beiden Täter sein soll. Der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen. Deshalb vernimmt Richterin Claudia Naumann zunächst die Hauptzeugin des Vorfalls, die damalige Freundin des Angeklagten, Michelle H., 20, aus Kaltenkirchen. Die junge Frau, auf deren Aussage die Anklage basiert, berichtet davon, wie sie an jenem Abend den Angeklagten und dessen Vater, die beide nach ihrer Einschätzung schon am frühen Abend betrunken gewesen seien, zu einer Bar gefahren habe. Auch dort sei der Schnaps in Strömen geflossen. Gegen 1 Uhr nachts seien dann zwei Russen aufgetaucht, mit denen man sich freundschaftlich unterhalten habe. Auf dem Rückweg im Auto hätten der Angeklagte und sein Vater sie aufgefordert, nahe an die an der Seite gehenden Russen heranzufahren. Der Beifahrer habe dann plötzlich die Tür aufgerissen und ihr nach dem Sturz des Fußgängers befohlen weiterzufahren. Das habe sie getan, sei aber kurz danach umgekehrt, um nach dem Mann zu sehen. In einer polizeilichen Vernehmung gab die junge Frau an, die beiden Männer hätten mit den Worten: "Den töten wir" die Verfolgung der Russen aufgenommen, während sie im Wagen geblieben sei.

Der entscheidende Wendepunkt des Prozesses ergibt sich daraus, dass Michelle H. im Gegensatz zu früheren Aussagen jetzt behauptet, dass es nicht der Angeklagte, sondern sein Vater gewesen sei, der die Autotür vom Beifahrersitz aus aufriss. Der Anklagevorwurf der Straßenverkehrsgefährdung wird daher fallen gelassen. Was bleibt, ist eine gefährliche Körperverletzung, da die Männer, wie das Opfer Vjaceslav erzählt, ihn gemeinsam massiv mit ihren Füßen traten.

Eine Gutachterin nimmt zur Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten Stellung. Eine alkoholbedingte Enthemmtheit und erhöhte Aggressivität sei zwar vorhanden, aber der trinkgewohnte Angeklagte habe gezielt und körperbeherrscht gehandelt, sodass eine verminderte Schuldfähigkeit nicht festzustellen sei, so die Gutachterin.

Der Angeklagte wuchs bei seiner Mutter in Leipzig auf und lernte seinen Vater über Facebook kennen. Hals über Kopf zog er im vergangenen Sommer zum Vater nach Henstedt-Ulzburg und arbeitet dort in dessen Pferdepension mit. Richterin Claudia Naumann sieht bei dem Angeklagten eine gewisse Unreife. Sie urteilt milde und spricht nach Jugendrecht eine Verwarnung aus, erlegt dem Angeklagten außerdem eine Geldbuße von 400 Euro auf und zehn Gespräche bei einer Suchtberatungsstelle in Kaltenkirchen. Bei den Trinkmengen sei der Angeklagte nämlich hochgradig suchtgefährdet.