Nur für die Autobahnen im Kreis Segeberg soll Geld kommen. Der Verkehrswegeplan gilt unter Experten als “chronisch unterfinanziert“.

Kreis Segeberg. Ausgerechnet beim Thema Verkehr tritt im Kreis Segeberg in den kommenden Jahren weitgehend Stillstand ein. Bis auf die Milliardenprojekte Autobahn 20 und den sechsspurigen Ausbau der Autobahn 7 tauchen Straßen und Schienenwege aus der Region kaum noch in der Liste der Vorschläge auf, die das Land für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet hat. Nur Pläne, die auf dieser Liste weit oben platziert werden, haben eine Chance, realisiert zu werden - finanziert aus dem Etat des Bundesverkehrsministeriums.

Im Januar hat das Kieler Verkehrsministerium seinen Wunschzettel für Berlin zusammengestellt und an die erste Position den Weiterbau der A 20 gesetzt. Kiel meldet für dieses Projekt "vordringlichen Bedarf" an. Darin ist auch der Abschnitt von der Autobahn 7 bei Bad Bramstedt nach Wittenborn enthalten, der mit 126,2 Millionen Euro zu Buche schlagen wird und sich derzeit im Planfeststellungsverfahren befindet.

Fast alle Verkehrsprojekte tragen den Vermerk "Weiterer Bedarf"

Insgesamt belaufen sich die Kosten für das Gesamtprojekt auf etwa eine Milliarde Euro, ohne dass allerdings klar ist, wann Berlin das Geld für den Bau im westlichen Schleswig-Holstein bereitstellt. Wie berichtet, hofft Ministerpräsident Torsten Albig, bis zum Jahr 2017 eine durchgehende Verbindung von Mecklenburg-Vorpommern bis zur A 7 schaffen zu können.

Fast alle weiteren Verkehrsprojekte in Schleswig-Holstein tragen den Vermerk "Weiterer Bedarf" und haben damit kaum Aussichten, in naher Zukunft realisiert zu werden. Der Verkehrswegeplan gilt unter Experten als "chronisch unterfinanziert".

Zum weiteren Bedarf gehören im Kreis Segeberg auch Projekte, die niemand mehr ernsthaft verfolgt: die Ortsumgehungen für Leezen, Itzstedt, Nahe und Kayhude. Die Bypässe für die Bundesstraße 432 stehen schon seit Jahrzehnten in den Plänen.

"In den Gemeinden haben wir das Thema Ortsumgehung abgehakt"

"Im Bedarfsplan von 1985 sind Ortsumgehungen im Zuge der B 432 zwischen Hamburg und Bad Segeberg enthalten und zwar in der Kategorie Planung", sagt der Sprecher des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums, Harald Haase. Die Straßen hätten es sogar einmal bis zur Dringlichkeitsstufe I geschafft, doch vor zehn Jahren stellten Gutachter fest, dass die ökologischen Schäden der neuen Trassen hoch wären. Betroffen wären beispielsweise Vogelschutzgebiete in der Alsterniederung sowie Natur- und Landschaftsschutzgebiete.

In den Dörfern ist trotz der hohen Verkehrsbelastung durch die Bundesstraße der Wunsch nach einer Umgehung kaum zu vernehmen. "In den Gemeinden haben wir das abgehakt", sagt Kayhudes Bürgermeister Bernhard Dwenger. "Die Orte wollen keine Umgehung haben." Warum die Projekte noch in Berlin angemeldet werden, kann er sich nicht erklären. Viele Betriebe in den Dörfern profitieren nach seinen Angaben von der Bundesstraße. Dazu zählen Tankstellen ebenso wie Wohnmobilverkäufer.

Verkehrszählungen haben einen leichten Verkehrsrückgang ergeben

Auch Dwenger hält eine Verlegung der B 432 ins Grüne für ökologisch nicht vertretbar. Verkehrszählungen hätten sogar eine leichte Abnahme des Verkehrs ergeben. Eine weitere Reduzierung erhofft sich Dwenger von der Fertigstellung der A 20.

Indirekt ist der Kreis Segeberg außerdem von einem Verkehrsprojekt betroffen, das streng genommen nicht in den Bundsverkehrswegeplan gehört: den Bau einer S-Bahnlinie 4 nach Bad Oldesloe, die durch Hamburg bis in den Raum Elmshorn, Itzehoe und Wrist führen soll. In den Plan werden üblicherweise keine Nahverkehrsverbindungen aufgenommen. Mit dieser Anmeldung beim Bund bekräftigt die Landesregierung noch einmal ihr Ziel, erst einmal die S4 zu bauen und sich später mit der S-Bahn nach Kaltenkirchen zu beschäftigen.

Die Priorität für die S4 hatte auch Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) vor zwei Wochen bei einem Besuch in Kaltenkirchen erklärt und festgestellt, dass die S-Bahn nach Kaltenkirchen in diesem Jahrzehnt nicht fahren werde. Mit monatelanger Verspätung soll im April das Kosten-Nutzen-Gutachten für die Verbindung vorliegen.

Zu den Altlasten im Verkehrswegeplan des Bundes ohne eine realistische Chance auf Finanzierung in den kommenden Jahren zählt auch die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke von Bad Oldesloe über Bad Segeberg nach Neumünster.

Noch vor zehn Jahren war der Ausbau der Strecke als leistungsfähige Verbindung nach Dänemark im Bundesverkehrswegeplan enthalten, fiel später jedoch mit der Entscheidung für die Fehmarnbelt-Querung heraus. "Überflüssig", heißt es aus dem Verkehrsministerium in Berlin über die Elektrifizierung. "Trotzdem sinnvoll" schreibt dagegen die Landesregierung, die die Strecke als Ausweichlinie für die hochfrequentierte Linie von Hamburg über Elmshorn und Neumünster in den Norden ("Jütlandlinie") betrachtet.