Das Gebrauchtwarenkaufhaus der Stadt ist so erfolgreich, dass die Politik den Pilotversuch zum Dauerbetrieb macht.

Norderstedt. Es läuft so gut, dass es jetzt schon zur festen Institution in der Stadt werden soll: Der Umweltausschuss der Stadtvertretung hat am Mittwoch das Projekt Gebrauchtwarenkaufhaus "Hempels" entfristet. Die 2011 beschlossene zweijährige Pilotphase, die bis zum 1. April 2014 dauern sollte, wird damit vorzeitig abgebrochen. "Hempels" habe schon vor der Zeit nachgewiesen, dass es ein äußerst erfolgreiches Projekt des Betriebsamtes ist, begründete der Leiter des Amtes, Martin Sandhof, seinen Antrag.

Möbel, Lampen, Unterhaltungselektronik, Spielzeug, Bücher, Hausrat - bis zu 800 Tonnen an Gebrauchsgegenständen wird das Kaufhaus im ersten Jahr seines Bestehens an den Käufer und damit wieder in den Warenkreislauf bringen. "Wir werden von den Anlieferungen überrollt. Mit 30 am Tag haben wir mal begonnen, jetzt sind wir schon bei 90", sagt Martin Sandhof. Die Entfristung sei nötig geworden, um für das stetig wachsende Erfolgsmodell Planungssicherheit zu bekommen.

Denn jetzt schon stelle sich die Frage, in welcher Immobilie das Gebrauchtkaufhaus in Zukunft untergebracht wird. Derzeit prüfe das Betriebsamt alle Optionen, sagt Sandhof. Mit dem Vermieter des Gewerbegebäudes an der Stormarnstraße stehe man über langjährige Mietverträge in Verhandlungen. "Doch wir schauen uns auch nach passenden anderen Gewerbeobjekten um. Und die Möglichkeit eines Neubaus auf einem geeigneten Grundstück steht ebenfalls zur Debatte."

Für die insgesamt neun Mitarbeiter des Kaufhauses sei die Entfristung eine besonders gute Nachricht. Der Leiter des Kaufhauses, André Klinger, und seine beiden Stellvertreter können nun unbefristete Arbeitsverträge bekommen. Für die sechs weiteren Mitarbeiter, die sich noch in der Probezeit befinden, stehen sie in Aussicht, sagt Sandhof. "In Zukunft werden wir weitere Kräfte brauchen. Denn unser Warenumschlag muss noch flüssiger und besser werden."

So sehr Verwaltung, Politik und viele Bürger in Norderstedt das Gebrauchtkaufhaus positiv sehen - manche Norderstedter haben die "Lobgesänge" auch satt, wie die Mutter einer "Norderstedter Familie" in einem anonymen Schreiben an die Stadt, alle Parteien und Medien schreibt. Die Schreiberin spricht dem Projekt die Wirtschaftlichkeit ab, vermutet verdeckte Kosten und Vorteilsnahme und behauptet, "Hempels" müssten die Bürger teuer über die Müllgebühren bezahlen. Nur damit "Flohmarkthändler sich das Zeug anhängerweise da rausholen und teuer verkaufen". Das Geld für "Hempels" sollte besser für den Winterdienst auf Gehwegen und Nebenstraßen oder die kostenlose Laubabfuhr genutzt werden. Ein weiterer Kritiker meldete sich in der Redaktion des Abendblatts, sprach von "den besten Stücken, die sich die ,Hempels'-Mitarbeiter vor den Kunden sichern". Außerdem bemängelte er, dass das Kaufhaus keine Gewährleistung für Elektrogeräte böte, die kurz nach dem Kauf den Geist aufgegeben haben.

"Wir sind ein öffentlich-rechtlicher Entsorger und folgen mit dem Kaufhaus-Projekt dem Abfallwirtschaftsgesetz, das uns die Wiederverwertung von Gebrauchsgütern vorschreibt. Wir machen das alles nicht, weil wir einfach Lust drauf haben", sagt Martin Sandhof. Als Entsorger müsse er selbstredend keine Gewährleistung bieten. "Aber wenn ein gekaufter Röhrenfernseher gleich den Geist aufgibt, dann kann man doch einfach bei uns vorbeikommen, und wir regeln das kulant." Und ja, Mitarbeiter dürften einkaufen, wie alle anderen Kunden auch. Es könne aber keine Rede davon sein, dass sie sich systematisch die Rosinen aus dem Angebot picken.

Enttäuscht ist Sandhof von dem anonymen Brief. "Wir haben hier nichts zu verbergen. Alle Zahlen liegen offen. Wer Fragen hat, kann uns doch immer ansprechen."

In der Abfallgebührenberechnung 2013 ist die "Hempels"-Bilanz exakt verzeichnet. Genau 378.000 Euro kostet das Personal, weitere 57.000 Euro die Kräfte der Norderstedter Werkstätten. Die Miete schlägt mit 54.000 Euro zu Buche. Gas, Strom und Wasser mit 40.000 Euro, die Werbung auf Bussen und mit Flyern mit etwa 60.000 Euro. Insgesamt 615.964 Euro umfasst das Budget.

Dem entgegen stünden im ersten Jahr 616.500 Euro an Einnahmen, die das Betriebsamt über "Hempels" und die Verwertung von 500 Tonnen Textilien aus den städtischen Textilcontainern erwirtschaftet. "Viele Kosten im ersten Jahr müssen ja auch als Anfangsinvestitionen gesehen werden, die noch über Jahre nachwirken", sagt Sandhof. Derzeit laufe das Geschäft bei "Hempels" so gut, dass sich der Betrieb in Zukunft auch ohne die Erlöse aus dem Textil-Containern der Stadt tragen wird.

Wer noch Fragen zum Konzept von "Hempels" hat, kann am Mittwoch, 20. März, von 18.30 Uhr an zu einer öffentlichen Sitzung des Umweltausschusses im Kaufhaus an der Stormarnstraße 34-36 kommen.