Die Norderstedter Anna Liese und Hermann Zocher feiern am kommenden Dienstag das seltene Fest der Gnaden-Hochzeit.

Norderstedt. Verliebt schauen sie einander an. Er legt fürsorglich den Arm um ihre Schultern, sie guckt ihm dankbar in die Augen. Verliebt wie am ersten Tag? Nach 70 Jahren Ehe? Geht das? "Nein", sagt die Braut und lächelt verschmitzt, "am ersten Tag waren wir gar nicht verliebt, da haben wir miteinander getanzt und sind uns erst allmählich nähergekommen."

Anna Liese Zocher ist diese Braut. Seit 70 Jahren ist sie mit ihrem Hermann verheiratet, 70 Jahre ist er nicht von ihrer Seite gewichen und sie nicht von seiner. Am Dienstag, 19. Februar, feiert das Paar die Gnaden- oder auch Platin-Hochzeit. Kennengelernt haben sie sich dort, wo sich viele Paare aus dem damaligen Dorf Garstedt, heute ein Norderstedter Stadtteil, trafen, beim Tanzen im Gasthof Tomfort an der Langenhorner Chaussee. 1940 war das, aber so genau weiß es das Jubelpaar nicht mehr. Zu lange her. 1943 heirateten sie. "Wir haben einfach gesagt, das machen wir jetzt", sagt das Jubelpaar.

Seitdem hat Hermann seine Anna Liese nicht mehr allein gelassen. "Nur im Krieg, da musste er weg, nach Afrika, nach Tunesien", sagt die 91-Jährige. Ihr Hermann kam noch in Gefangenschaft in die USA. Vier Jahre lang. Erst 1947 hat sie ihn wiedergesehen. "1947?", fragt er sie. "Kann sein, ist wohl richtig."

Das ist das Rezept dieser 70 Jahre währenden Ehe. "Ich habe immer Ja zu meiner Frau gesagt, vom ersten Tag an", sagt Hermann Zocher. "Wir haben uns immer gut vertragen, haben uns immer schnell geeinigt, Schütze und Löwe passen eben gut zueinander", sagt sie. "Wir haben immer aus allem das Beste gemacht", sagt Anna Liese Zocher. Wenn sie einmal unterschiedlicher Meinung waren, haben sie sich ausgesprochen, und alles war wieder gut.

94 Jahre ist Hermann Zocher alt, und er blickt zufrieden auf sein Leben zurück. Und auf sein stilles Glück an ihrer Seite. Noch heute, mit 91 Jahren, sprudelt Anna Liese Zochers Temperament. Schnell kommen ihre Antworten.

Das Grundstück zum Haus war das Hochzeitsgeschenk ihrer Eltern

Ehemann Hermann kommentiert dagegen gern. Und verweist stolz darauf, dass er das Haus gebaut hat. Mit seiner Frau. "Und mit meinem Vater", hakt sie ein. Das war Bernhard Denker, Inhaber eines Baugeschäftes in Garstedt. Das Grundstück zum Haus war das Hochzeitsgeschenk ihrer Eltern. Bis zum Einzug ins eigene Heim hat das junge Paar bei den Eltern am Sandweg in Garstedt gewohnt.

Der Bau des Hauses, das Anlegen des Gartens wurde zur Lebensaufgabe. Und die Kinder. Geblieben ist Sohn Claus Zocher, der das Paar liebevoll umsorgt. "Ich habe auch die Windmühle im Garten gebaut, eigentlich alles", sagt Hermann Zocher. Automechaniker war er, hat in einem Betrieb in Hamburg-Barmbek gearbeitet. Sie war Stenotypistin und Kontoristin in einer Garstedter Firma, und so hatten beide immer genug Arbeit, genug zu tun. Auch ein Rezept für eine lange Ehe.

Genauso die Hobbys. Keine gemeinsamen, beide hatten ihren eigenen Bereich, waren sich einander sicher, ohne ständig miteinander sein zu müssen. Während Hermann Zocher gern bastelte und ständig in Haus und Garten zu tun hatte, einen Teich anlegte, handarbeitete sie, stickte, strickte und nähte für die Kinder, für ihn und für sich.

Reisen? "Wir sind manchmal an die Ostsee gefahren, waren aber immer gern zu Hause", sagt sie. Krank waren sie nie. "Mal einen Schnupfen, aber nichts für einen Arzt", sagt Hermann Zocher. Dafür haben sie gern gefeiert, in den eigenen vier Wänden und im Garten, mit der Familie. Nichts großes, aber gemütlich. So wollen sie auch die Gnaden-Hochzeit feiern.

Feiern sie eigentlich auch heute den Valentinstag, den Tag der Verliebten? "So was brauchen wir nicht, wir sind jeden Tag verliebt."