Grandiose “Romeo und Julia“-Aufführung des Theaters Pur

Norderstedt . Er ist Romeo! Keiner liebt und leidet mehr als er. Sven Boldt steigert sich bis zur Selbstaufgabe in die Figur des Romeo Montague. Zum Schluss ist es denn auch ganz still im großen Saal des Kulturwerks. Das Publikum ist stark berührt von dem intensiven Spiel des Ensembles des Norderstedter Amateurtheaters Pur in "Romeo und Julia".

Just als seine Julia aus ihrem 48-stündigen künstlichen Tod erwacht, hat sich Romeo das Gift gegeben. Zu spät. Es wirkt sofort. Verzweifelt gibt sich Julia aus Romeos Pistole die Kugel. Julia Grünke spielt Julia und ist Sven Boldt eine ebenbürtige Partnerin.

Es ist einfach grandios, wie das Ensemble trotz der vielen Szenenwechsel die Spannung des Spiels nicht nur hält, sondern stetig erhöht und die Tragödie dramatisch zuspitzt. Das artete bei der Premiere in Sisyphusarbeit aus, denn das Publikum klatschte wie bei einer Talkshow nach jedem Bild in die Szene und störte die Atmosphäre.

Regisseur Björn Gödelt und das Ensemble haben den Klassiker ins Heute transponiert, aber die wunderbare Shakespearsche Sprache erhalten. Allen Schauspielern gelingt es, die komplizierten Sätze und Wendungen so zu sprechen, als wäre es ihre Alltagssprache. Zudem haben sie sich mit dem Kulturwerk-Saal auseinandergesetzt und beziehen sowohl die Treppe als auch Empore und Parkett ein.

In der Handlung wird auch schon mal ein Joint geraucht oder eine Pille eingeworfen. Luxus-Revolver krachen (viel zu laut!), und Andrea Holtkamp darf als Gräfin Capulet als gelangweilte, flippige Schickse daherkommen. Bernhard Schneider als ihr Gemahl schwankt zwischen (zu) leisen und (zu) lauten Tönen. Komische Nuancen bringt Jutta Schmidt-Scherlitzki als Amme auf die Bühne. Daniel Dekkers ist ein wunderbar durchgedrehter Mercutio, Daniel Lange ein bestens besetzter Benvolio, und Tim Seebrandt spielt den mordhungrigen Tybalt derart fies, dass man ihn schütteln möchte. Jan Sänger ist ein köstlich tumber Graf Paris und Manuel Fritze ein einfältiger Apotheker.

Herausragend Ralf Janz als Pater Lorenzo. Er beriet Regisseur Gödelt, und die Handschrift des mittlerweile zum Profi avancierten Schauspielers ist im gesamten Spiel zu spüren. Mit dieser Aufführung zeigte das Amateurtheater Pur, dass es den fünften Kulturträgerpreis zu Recht erhalten hat.

Aufführungen: Sonnabend und Sonntag, 2. und 3. Februar, jeweils 19 Uhr, Kulturwerk, Am Kulturwerk 1 (Navi: Stormarnstraße 55). Karten zu 7,50, ermäßigt fünf Euro, gibt es im Vorverkauf, unter Telefon 040/60 94 17 57 und an der Abendkasse.