Stellen Sie sich vor, Sie betreiben ein Geschäft. Beispielsweise eine Gastwirtschaft. Die Straße davor soll saniert werden. Ihre Zufahrt müsste deswegen abgeriegelt werden, vier bis fünf Wochen lang. "Watt mutt - dat mutt", denken Sie sich schicksalsergeben. Man verbarrikadiert Ihr Grundstück. Arbeiter installieren weiträumige Absperrungen, lenken den Verkehrsstrom um und kippen Sand, Steine und diverse Gerätschaften vor Ihrer Tür ab.

Dann passiert: Nichts. Wochenlang.

Genau das erlebt derzeit Egon Stubbe, Inhaber des Traditionsgasthofes "Zur Glashütte" an der Segeberger Chaussee. Und das ist, wie jeder Autofahrer aus leidvoller Erfahrung weiß, kein Ausnahmefall, sondern - zumindest gefühlt - die Regel: Man steckt wochen-, wenn nicht monatelang täglich an derselben Autobahnbaustelle stundenlang im Stau und sieht hinter den Absperrbaken keine Menschenseele auf der möglicherweise noch durchaus intakten Fahrbahn, während die eigene Spur so gerammelt dicht ist, dass darauf sogar ein abgefeuertes, panzerbrechendes Geschoß keine 20 Meter weit käme. Weil das so oft passiert, dass wir uns eigentlich permanent aufregen müssten, nehmen wir es hin. Trotz gläserner Daten, wutbürgerinitiierter Volksbegehren und landestypischer Zweiflermentalität erdulden wir es anstandslos, wenn Wanderbaustellen nicht wandern, sondern bleiben. Wahrscheinlich ahnen wir es instinktiv: Die Frage nach dem Sinn des Ganzen führt in Abgründe, die wir noch schlechter verkraften als den täglichen Stau.

Ihre Zeitung hat sich der Herausforderung trotzdem gestellt und nachgefragt. Im Fall der Glashütter Baustelle lautet die amtliche Auskunft: Sie wurde bereits im November eingerichtet, damit noch eine halbe Million Euro an Bundesmitteln kassiert werden konnte, die an einen Baubeginn 2012 geknüpft waren. Notorische Nörgler wenden nun ein, dass das Aufstellen einiger Verkehrszeichen ja eigentlich erst eine Absichtserklärung und nicht direkt einen Baubeginn markiert. Aber ich finde das genial und rate unbedingt zur Nachahmung. Ab morgen umzingeln Sie bitte Ihren Arbeitsplatz mit Flatterband und stellen ein großes Schild auf: "Arbeitsplatz".

Das sollte dann für ungebremste Lohnfortzahlung reichen, während Sie irgendwo nett Urlaub machen.