Segebergs ehemalige Verwaltungschefs Udo Fröhlich und Hans-Joachim Hampel werden für Fehlinvestitionen verantwortlich gemacht.

Bad Segeberg. Die Stadt Bad Segeberg ist gezwungen, zur langfristigen Stabilisierung ihrer Finanzen beispiellose Schritte zu gehen. Bei einer Schuldenlast von fast 60 Millionen Euro und einem Kassenkredit von 17,6 Millionen ist dies nicht verwunderlich. So war der Vertrag zur Gewährung von Konsolidierungshilfe, der nun zwischen der Kommune und der Landes-Kommunalabteilung in Kiel unterzeichnet wurde, alternativlos. Genauso konsequent, aber noch weit ungewöhnlicher ist allerdings der zweite Schritt.

Denn seit dem 27. Dezember 2012 liegt beim Verwaltungsgericht Schleswig eine Klage der Stadt Bad Segeberg gegen zwei ehemalige Bürgermeister der Kreisstadt vor: Udo Fröhlich (SPD; 1997 bis 2003) und Hans-Joachim Hampel (CDU; 2003 bis 2009). Es geht um Regressansprüche in Höhe von rund 400.000 Euro und um den Verdacht der Fahrlässigkeit in Zusammenhang mit einer im Nachhinein fatalen Investition in ein Pflegeheim.

Die Einrichtung "Eichenhof" - 2002 genehmigt - galt als Vorzeigeprojekt in der Betreuung von Demenzkranken. Gleichwohl wurde die Wirtschaftlichkeit des Prunkbaus nicht ausreichend geprüft. Jährlich zahlt Bad Segeberg 700.000 Euro - unter anderem für Baukredite des 9,1 Millionen Euro teuren Heimes. Mit 69 Pflegeplätzen trägt sich dieses nicht. Längst läuft eine europaweite Ausschreibung für den Verkauf an private Investoren, der im Laufe des Frühjahres endlich über die Bühne gehen soll. Doch das Heim hätte in dieser Dimension niemals gebaut werden dürfen.

Offiziell möchte sich der amtierende Segeberger Bürgermeister Dieter Schönfeld (SPD) nicht zu der Klage äußern, die in Schleswig-Holstein ein Novum darstellt. Zudem noch weitere heikle Verhandlungen anstehen. Denn auch der ehemalige Bürgermeister von Wahlstedt, Sven Diedrichsen (parteilos), soll sich für sein mutmaßliches Verschulden als Geschäftsführer bei der Insolvenz der gemeinsam mit Segeberg betriebenen und mittlerweile insolventen Mittelzentrumsholding (MZH) so schnell wie möglich vor Gericht verantworten. Der Sündenfall hier ist das Missmanagement von Schwimmbädern. Insbesondere das Engagement für das Projekt "FehMare" auf der Ostseeinsel Fehmarn ist - kombiniert mit dem erwähnten Pflegeheim - der Hauptgrund für den Kassenkredit Bad Segebergs, das ansonsten schon 2011 wieder einen ausgeglichen Etat vorzuweisen gehabt hätte.

Der Betreibervertrag mit Fehmarn wurde 2009 an den Stadtvertretungen vorbei beschlossen und bescherte Bad Segeberg ein jährliches Defizit von 600.000 Euro. Ende 2012 wurde die Vereinbarung aufgelöst; dadurch spart die Kreisstadt jährlich 400.000 Euro. Diedrichsen, der als Geschäftsführer entlassen wurde, hat allerdings vorgesorgt und seinerseits eine sogenannte negative Feststellungsklage angestrengt. Übersetzt: Er will sich vom Landgericht Kiel bestätigen lassen, dass er unschuldig ist. Sein ebenfalls gefeuerter Prokurist Björn Pasternak zog nach mit einer Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Neumünster.

Die Segeberger Verwaltung geht davon aus, dass beide Klagen abgewiesen werden. Dann will die Stadt auch gegen Diedrichsen und Pasternak vorgehen.

Die Aufarbeitung der Vergangenheit wird somit parallel zur Konsolidierung des Haushaltes stattfinden. Und die Maßnahmen sind tatsächlich umfangreich wie auch einschneidend. "Wir haben hart, aber fair verhandelt, ehe wir uns darauf geeinigt haben, diesen Vertrag zu unterzeichnen", sagte Dieter Schönfeld, nachdem er das Innenministerium verlassen hatte.

Damit Segeberg jährliche Zuschüsse von rund 1,5 Millionen Euro erhält, wollte das Land ein tragfähiges Konzept zur Einnahmensteigerung und zur Einsparung von Ausgaben sehen. Zudem ist eine Eigenbeteiligung in anderthalbfacher Höhe gefordert - 60 Prozent davon müssen bis 2015 erreicht werden, bis 2018 dann 100 Prozent.

Geld soll unter anderem durch eine Fremdenverkehrsabgabe, eine Anpassung der Parkraumbewirtschaftung, eine Straßenreinigungsgebühr und eine Spielgerätesteuer erwirtschaftet werden. Hinzu kommen geringere Ausgaben dank der Auflösung des "FehMare"-Vertrages, der Auflösung der Stadtmarketing-Gesellschaft, der Einstellung der Soleförderung und Kürzungen bei Veranstaltungen.

Dieter Schönfeld bewahrte die Bürger in den Verhandlungen sogar vor noch gravierenderen Auswirkungen. "Innenministerium und Landesrechnungshof hätten gern noch höhere Steuereinnahmen gesehen. Aber wir muten unseren Bürgern schon jetzt bis zu zehn neue Abgaben zu."

Spätestens auf ihrer Sitzung am 26. Februar soll die Stadtvertretung den Vertrag endgültig ratifizieren. Schönfeld erwartet, dass die Politiker ihm folgen. "Wir sind in einer Sanierungsphase, die weitergehen muss. Daran werden wir gemessen."