Eine Glosse von Ralph Klingel-Domdey

Dieser Winter ist der Reinfall des Jahres. Gefühlt habe ich die Sonne zuletzt vor Monaten gesehen. Und die "leichte Bewölkung", die kürzlich im Radio für die Nacht angekündigt wurde, musste ich morgens aus dem Keller pumpen. Schönen Dank noch mal an das Wetteramt. Als ich mich darüber am Gartenzaun in Rage rede, beginnt auch mein Nachbar zu wettern. "Der letzte Sommer war eigentlich auch Mist", sagt er und trübt meine Stimmung weiter. Wir müssen dringend mal eine Frage klären: Wenn Klimawandel tatsächlich Eiszeit oder Hitzeperioden bedeutet, wo, bitte schön, bleibt er dann?

Zugegeben, Schmuddelwochen haben auch ihr Gutes. Übergewicht lässt sich leicht rechtfertigen - wer schwingt sich jetzt schon aufs Trekking-Bike und strampelt sich auf schlammigen Pfaden überflüssige Pfunde ab? Wer poliert in diesen Tagen schon sein Auto? Wer kehrt das seit Herbst pitschnasse Laub im Garten zusammen? Das wird locker bis zum Frühling liegen bleiben.

Aber das mit der schlechten Laune duldet keinen Aufschub. Also müssen wir eine weitere Frage klären: Wie groß ist eigentlich die Macht des Wetters über unsere Gefühle? Die Fachleute streiten. Groß, sagen die einen. Geringer als bisher angenommen, sagen die anderen. Zwar gebe es "Wettertypen", die mehr auf Temperatur-, Luft- oder Lichtveränderungen reagierten als andere. Oder eben weniger. Aber in Wahrheit widersprächen viele Forschungsergebnisse den gängigen Meinungen darüber.

Dass es bedeutsamere Faktoren für unsere Laune gibt, wusste übrigens schon der Dichter und Politiker Joseph Addison, der in der Frühzeit der Aufklärung lebte: "Was der Sonnenschein für die Blumen ist, das sind lachende Gesichter für die Menschen." Der Mann muss es gewusst haben. Er war Engländer.