Wohnhaus muss Parkplatz weichen. Anwohner sorgen sich um dörflichen Charakter der Ochsenzoller Straße. Immer mehr Gewerbe-Charakter.

Norderstedt. "Es ist schade und unverständlich, dass der einst typische dörfliche Charakter der Ochsenzoller Straße Stück für Stück verschwindet", sagt Jürgen Prignitz. Er wohnt seit Jahrzehnten an der Straße, die den Verkehr vom und zum Herold-Center bewältigen muss und für Prignitz mit der alten Druckerei und dem ehemaligen Garstedter Rathaus mit ihren roten Backsteinfassaden noch immer ein Stück Norderstedter Historie repräsentiert.

Doch die bröckelt, die Wohn- werde immer mehr zur Gewerbestraße, die Lebensqualität leide. Gerade verschwindet das Wohnhaus an der Ecke Ochsenzoller Straße/Hermann-Löns-Weg. Die Norderstedter Bank, die ihren Hauptsitz gleich gegenüber hat, will dort eine Handvoll Parkplätze für ihre Mitarbeiter schaffen. "Die jetzigen Stellplätze reichen bei weitem nicht aus", sagt Bankvorstand Rainer Schomacker. Nach dem Tod des Besitzers habe die Bank das Haus gekauft und lasse es nun abreißen, damit die gut 30 Beschäftigten ihre Autos parken können.

Der weiße Steinbau aus den 70er-Jahren sei nun wirklich kein Schmuckstück oder gar ein historisch wertvolles Gebäude gewesen, das geschützt werden müsste, sagt Schomacker. Das sieht zwar auch Prignitz grundsätzlich so, aber: "Nachdem schon drei alte Wohnhäuser abgerissen wurden, ist dies ein weiterer Schritt, um der Straße ihr Gesicht zu nehmen."

Der Norderstedter hat seine Sorge und die seiner Nachbarn um den Erhalt des Straßenbildes auch Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote mitgeteilt. "Wir möchten auf den Bebauungsplan Nr. 23 - Garstedt, 5/1994 hinweisen, der zum Schutz des städtebaulichen Ensembles im Bereich des alten Rathauses Garstedt ein Erhaltungsgebiet vorsieht", heißt es im Schreiben vom 23. Dezember. Die Anlieger hoffen, dass die Verwaltung den Bereich wegen seiner "gebietsprägenden Eigentümlichkeit" und seiner historischen Bedeutung auch künftig respektiert. Eine Antwort aus dem Rathaus hat Prignitz noch nicht, die hat er wegen der Feiertage allerdings auch noch nicht erwartet.

Schon mehrfach hatten Prignitz und andere Anwohner die schleichende Veränderung des Straßenbildes öffentlich kritisiert. Noch 2004 hatten sie als Initiative "Bürger und Staat" den Verlust der Wohnqualität beklagt und Unterschriften gesammelt. Die Schadstoff- und Lärm-Belastung durch den Verkehr nehme zu. Das Autohaus wachse "wild in die Gegend hinein", Wege würden zugeparkt. Gestört fühlten sich die Anlieger auch durch die Restaurants und deren Besucher. Die Ochsenzoller Straße müsse wieder zu einer Visitenkarte Norderstedts werden, forderte die Initiative. Doch Kritik und Forderungen blieben ohne Erfolg. Die Stadtplaner zeigten zwar Verständnis für die Anliegen der Anlieger, die Entwicklung sei aber nicht zurückzudrehen. Und: Es gebe keine Rechtsverstöße, die Expansion des Autohauses sei ebenso genehmigt worden wie die gastronomischen Betriebe, die im Übrigen die Lebendigkeit im Stadtviertel erhöhten.

"Wir haben durchaus Verständnis für die Befürchtungen von Herrn Prignitz und seiner Nachbarn. Es ist auch unser Interesse, den Charakter der Straße zu erhalten", sagt Bankvorstand Schomacker. Beweis dafür sei das Geschäftsgebäude, das bewusst in rotem Stein gebaut worden sei. Und auch der Parkplatz werde so gestaltet, dass er sich optisch möglichst gut einpasst. Im Übrigen biete er den Anliegern an, jederzeit mit ihm über das Thema zu diskutieren.

Immerhin können sich Prignitz und seine Mitstreiter auf baldige Entlastung freuen: Die Horst-Embacher-Allee, die gerade zwischen Friedrichsgaber Weg und Berliner Allee gebaut wird, wird einen Teil des Verkehrs vom und zum Herold-Center übernehmen. Und noch in diesem Jahr will die Stadt eine langjährige Forderung der Anlieger erfüllen und die Ochsenzoller Straße, Birkenweg, Tannenhofstraße und Achternfelde in einem Kreisverkehr verbinden.