Opfer lag neun Monate in Krankenhäusern - Unfallfahrer noch immer krankgeschrieben

Bad Segeberg. Für Stefan K., 30, aus Bimöhlen ist es ein schwerer Gang zum Prozess vor dem Amtsgericht in Bad Segeberg. Er hat durch ein leichtsinniges und völlig überflüssiges Überholmanöver einen Unfall verschuldet - mit der Folge, dass ein Unschuldiger schwer verletzt wurde und insgesamt neun Monate in Krankenhäusern verbringen musste.

Es war Anfang März dieses Jahres, morgens gegen 6 Uhr, als der Angeklagte auf dem Weg zur Kraftfahrzeugzulassungsstelle in Bad Segeberg in einer scharfen Linkskurve im Überholverbot einen 18 Meter langen Milchlaster überholte. Da die Zulassungsstelle erst um 7.30 Uhr öffnet, war er nicht unter Zeitdruck. Der 30-Jährige sagt aus, dass er, nachdem er zwei Pkw überholt hatte, eigentlich hinter dem Laster einscheren wollte. Der Abstand sei jedoch zu gering gewesen, weshalb er auch den Laster noch überholen wollte. Einen entgegenkommenden Wagen bemerkte er zu spät, doch gelang es ihm zunächst, knapp vor dem Laster einzuscheren. Doch dann geriet der Unfallfahrer auf den rechten Grünstreifen und bekam seinen Ford, den er erst seit zwei Tagen besaß, nicht wieder in den Griff: Der Wagen schleuderte in das Fahrzeug des entgegenkommenden Immobilienbetreuers Reiner W., 51, aus Bad Segeberg. Die Autos hätten regelrecht in der Luft getanzt, sagt Lkw-Fahrer Claus M., 42, aus Sülfeld im Gerichtssaal.

Unfallopfer erlitt 15 Rippenbrüche und verlor sechs Zähne

Unter Tränen entschuldigt sich der Angeklagte bei dem Unfallopfer, der mit 15 Rippenbrüchen und Durchbohrungen der Lunge auf die Intensivstation kam, wo er für drei Tage ins künstliche Koma versetzt wurde und 20 Tage künstlich beatmet werden musste. Ein monatelanges Martyrium mit starken Schmerzen und Aufenthalten in verschiedenen Krankenhäusern begann. Sechs Zähne im Oberkiefer verlor W., der sich mühsam ins Leben zurückkämpfte und noch heute unter Konzentrationsstörungen, Bewegungseinschränkungen und Narben vom Sicherheitsgurt leidet.

Seit wenigen Tagen ist er wieder voll berufstätig und fährt sogar wieder Auto, wenn auch schreckhaft, wie er sagt. Doch auch der Angeklagte leidet bis heute unter den Unfallfolgen: Der Tischler ist noch immer krankgeschrieben, obwohl die äußeren Verletzungen - Prellungen und ein Lendenwirbelbruch - verheilt sind. Stefan K. ist bei seinen Eltern in Demin untergekrochen, hat seine Wohnung in Bimöhlen seit dem Unfalltag kaum betreten und ist bisher nicht in der Lage, sein altes Leben weiterzuführen.

Richterin Sabine Roggendorf berücksichtigt diese Aspekte bei der Urteilsfindung gegen den bisher nicht vorbestraften Mann. Sie weist den Angeklagten energisch darauf hin, dass man auf dieser Strecke nun mal oft Laster vor sich habe und nicht überholen könne, schon gar nicht im Überholverbot.

Im Ergebnis lässt sie den Angeklagten mit einer milden Geldstrafe von 1.500 Euro davonkommen. Auf seinen Führerschein muss der Angeklagte außerdem für weitere drei Monate verzichten.