Im nächsten März wird das Norderstedter Kulturwerk am See in der Kulisse des einstigen Kalksandsteinwerks Potenberg den ersten Jahrestag feiern. Dann wird es endlich Frühling sein und die Abende heller, und die kulturhungrigen Besucher müssen ihre gepflegte Garderobe nicht länger mit Knieschonern, Sturzhelmen und Grubenlampen verunzieren. Aktuell allerdings ist diese Ausrüstung ratsam, um das Vorgelände der Spielstätte inklusive des Parkplatzes schadenfrei zu überqueren. Wer auf dem Weg vom Auto zum Eingang den Stolperparcours zwischen zehenbrecherischen Betonkanten, tückischen Schlammpfützen und abgrundtiefen Abgründen trotz spärlichster Illumination übersteht, hat sich ein bisschen gepflegte Unterhaltung redlich verdient.

"Die Beleuchtung am Kulturwerk ist so geplant und Absicht", sagt Norderstedts Baudezernent Thomas Bosse. Also Absicht. Aber was für eine? Kultur nur für kerngesunde Leistungsathleten mit Gummigelenken, die sich ein Nachtsichtgerät leisten können? Ach wo. Bosse denkt weiter: "Das Kulturwerk soll aus sich heraus leuchten und sich so als zentraler Punkt darstellen." Diese Argumentation kommt mir bekannt vor. Das hört man als Buchautor öfter von Verlegern: "Sie sind mit Leib und Seele Schriftsteller, Sie müssen doch sowieso schreiben, aus sich heraus - wieso wollen Sie auch noch Honorar?" Herr Baudezernent: Kultur leuchtet. Aber nicht bis auf den Parkplatz. Sonst - folge man Ihrer Logik - wäre bereits dort die Kultur und man bräuchte gar nicht erst ins Kulturwerk hineinzugehen, sondern wäre schon drin, wenn man noch im Auto säße. Wir wollen aber hinein, ins Kulturwerk. Mit heilen Knochen, bitteschön.

Immerhin: "Wir führen derzeit eine ganz heiße Diskussion um die Ausleuchtung des Parkplatzes", erklärt Hans-Joachim Grote, Norderstedts Oberbürgermeister. Was gibt es da zu diskutieren, fragt sich der Kulturfan mit Blick auf die vom letzten Sturz ramponierten Ausgehklamotten. Aber hallo: "Für den Insektenschutz sei eine höhere Ausleuchtung des Parkplatzes abzulehnen." Tschuldigung, daran hab ich überhaupt nicht gedacht. Dafür riskiert man als Mensch natürlich gerne mal einen Oberschenkelhalsbruch. Wo kämen wir hin, wenn ein paar weitere grelle Straßenlaternen irgendwelche Kakerlaken beim Balztanz traumatisieren! Nein, das möchten wir dann doch nicht.

Wie gut, dass wir Politiker haben, die wirklich an alles denken.