In unserer Firmenserie stellen wir heute die Jens Gottschalk GmbH aus Norderstedt vor. Der Betrieb ist zu einer großen Familie geworden.

Norderstedt. Ruhig sitzt Jens Gottschalk an dem runden Konferenztisch in seinem Norderstedter Büro. Freundlich und entspannt ist der stämmige und sportbegeisterte Handwerker, der sich gerne als Norderstedter Jung' bezeichnet. Norderstedt ist seit seinem vierten Lebensjahr seine Heimat. Doch der 46 Jahre alte Geschäftsführer des Handwerksbetriebes war nicht immer so ruhig und ausgeglichen - das verraten zuweilen auch seine Blicke, die immer wieder mal kontrollierend zum Betriebshof gleiten.

"Ich war früher ziemlich hektisch", gibt er zu. Das war, als das Unternehmen Gottschalk schneller wuchs, als es Jens Gottschalk sich auch nur erträumt hatte. Bereits mit 15 Jahren wusste er zwar, dass er Handwerker werden wollte. Diesen Traum verfolgte er zielstrebig. Niemals aber hatte er es auch nur für möglich gehalten, dass sein kleiner Traum von der Handwerkskarriere in der Rolle des Geschäftsführers eines bedeutenden mittelständischen Unternehmens enden würde. Das rasante Wachstum sorgte für Stress. "Dass ich ruhiger geworden bin, habe ich meinen Mitarbeitern zu verdanken, die mich inzwischen vorbildlich entlasten. Und ganz besonders meiner Frau, die mich nie drängte, die nie moserte, wenn die Familie wegen der Firma mal kürzer treten musste - gerade in den etwas unruhigeren Zeiten", sagt Jens Gottschalk.

Diese unruhigere Zeit war, als das Unternehmen schneller als seine Strukturen wuchs und ein Organisationschaos drohte. "Ich brauchte damals, wir waren etwa 20 Mitarbeiter, neben den Kollegen für den Außendienst dringend leitende Mitarbeiter, um nicht den Überblick zu verlieren", sagt er. Doch diese Hilfe zu finden, sei nicht schwer gewesen - zum Glück. Heute hält vor allem der 42-jährige Martin Kalies dem Chef den Rücken frei. Das Verhältnis zwischen dem Chef und seinem Vertreter sei, so betonen beide, exzellent. Jeder könne sich auf den anderen verlassen - so wie das überall in der Norderstedter Firma der Fall sei.

Für 55 Mitarbeiter ist Jens Gottschalk verantwortlich, einige von ihnen sind fast seit Beginn der Firmengeschichte dabei. Etwa 50 Auszubildende hat die Firma durchgeschleust, ganze 17 von ihnen konnte das Unternehmen später dauerhaft einstellen. Darauf ist der Firmenchef stolz, denn es zeige, dass die Chemie und die Entwicklung in dem Unternehmen stimme. Harmonie werde großgeschrieben, sagt der Chef. "Wir legen großen Wert darauf, dass unsere älteren und jüngeren Mitarbeiter sich gut verstehen und sich austauschen, das klappt auch gut", sagt Kalies. Die jüngeren lernen vom Erfahrungsschatz der älteren Mitarbeiter, umgekehrt helfen die jüngeren, wenn sich ein älterer Angestellter wegen der modernen Technik mal fragend am Kopf kratzt. "Wir können wirklich zufrieden sein, wir sind fast so etwas wie eine große Familie geworden", sagt Gottschalk.

Angefangen hatte alles 1991, als sich Jens Gottschalk und sein ehemaliger Lehrkollege gemeinsam selbstständig machten und am Gutenbergring in Norderstedt ein Sanitärunternehmen gründeten. Die Aufträge kamen schnell, 1992 konnte bereits der erste Auszubildende eingestellt werden. Es schien alles perfekt zu laufen, doch 1995 trennten sich Gottschalk und sein Partner, denn sie hatten beide unterschiedliche Ansichten, wie sich das Unternehmen für die Zukunft aufstellen sollte. "Wir haben uns damals freundschaftlich getrennt und sind, das finde ich besonders schön, immer noch befreundet", sagt Jens Gottschalk.

Die Trennung bedeutete aber nicht, dass das Handwerksunternehmen in seiner Entwicklung ins Stocken geriet. Ganz im Gegenteil: Die Firma, die inzwischen Sanitär-, Klempner- und Dachdeckerarbeiten parallel erledigt, wuchs rasant - teils zu rasant. Die Räume wurden knapp, 2001 zog die GmbH an den Niewisch. Doch nun, etwa elf Jahre später, ist der Raum erneut knapp. Ein Ausbau des Geländes ist geplant, um weitere Büroräume zu schaffen. "Unser größtes Problem ist trotz eines Umbaus, unsere 31 Dienstfahrzeuge vernünftig unterzubringen", sagt Kalies. Der Platz auf dem Gelände reiche einfach nicht mehr aus. Ein erneuter Umzug? Gottschalk wiegt den Kopf hin und her - es sei noch zu früh für eine Entscheidung.

Außer dem Platzproblem gibt es aber noch ein weiteres Problem, dem sich das Unternehmen stellen muss: dem Fachkräftemangel. "Noch sind wir nicht betroffen, wir haben zwölf Auszubildende derzeit. Aber auch wir gehen davon aus, dass es künftig schwerer wird, junge Nachwuchskräfte zu gewinnen", sagt Gottschalk. Das habe zum einen mit dem demografisch bedingten Fachkräftemangel zu tun, zum anderen mit den steigenden Anforderungen an den Beruf.

Früher war es ganz normal, dass Hauptschulabsolventen in einem Handwerksbetrieb eine Lehre anfangen konnten. "Für unsere Tätigkeitsfelder müssen wir von Bewerbern inzwischen mindestens einen Realschulabschluss verlangen", sagt der Firmenchef. Das sei keine Schikane, sondern habe seine Ursache in den immer komplizierteren technischen Anlagen, die eingesetzt oder eingebaut werden. Das erfordere bei Neueinsteigern gewisse mathematische und physikalische Grundkenntnisse, die die Hauptschulen aber nicht vermitteln würden. "Auch wenn das Grundverständnis da ist, müssen anschließend zahlreiche Fortbildungen, etwa im Bereich der Heizungstechnik oder im Bereich Barrierefreiheit, organisiert werden, damit nicht der Anschluss an die Entwicklungen und gesetzlichen Anforderungen verloren wird", sagt Gottschalk. So gebe es etwa zunehmend elektronische Touchscreen-Steuerungen in Bädern, damit Senioren, die in ihrer Mobilität stark eingeschränkt sind, weiterhin der Körperpflege nachkommen können. "Solche Anlagen sind komplex, da muss man über ein umfangreiches Wissen verfügen, um so etwas installieren zu können", sagt auch Kalies.

Doch auch das beste Fachwissen hilft manchmal nicht vor unangenehmen Überraschungen. Das hat auch Jens Gottschalk lernen müssen. Einmal hatte er sich von einem großen Kunden finanziell zu stark abhängig gemacht. Als der dann überraschend Insolvenz anmelden musste, kam die Firma ins Schwimmen. "Das hätte uns fast das Genick gebrochen. Seitdem achten wir darauf, dass kein Einzelkunde einen zu großen Anteil am Umsatz ausmacht", sagt der Firmenchef.

Und manchmal ist es nicht mal der Kunde, der einen ins Schwitzen bringt, sondern man selbst. "Wir hatten da einmal einen Kunden, der sein Dach neu eindecken lassen wollte", erinnert sich Gottschalk. Die Arbeiten gingen zügig voran, das alte Dach wurde abgedeckt, das neue aufgedeckt. "Als wir fertig waren und schon alles abgebaut hatten, bemerkten wir, dass wir dem Kunden die falschen Dachziegel auf sein Haus gesetzt hatten. Das war ziemlich peinlich." Doch Gottschalk hatte Glück im Unglück: Dem Auftraggeber gefielen die falschen Ziegel viel besser als jene, die eigentlich auf das Dach sollten. Er behielt das falsche Dach.