Eine Glosse von Claudia Eicke-Diekmann

Die Adventszeit hat's in sich. Die Gefahr, sich bei Kerzenschein, Glühwein und Weihnachtsliedern in verklärten Erinnerungen zu verlieren, ist groß. Auch für mich, die es für gewöhnlich gerne mit Albert Einstein hält, der einst sagte: "Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben." Also klammere ich mich in den Wochen vor dem Fest an mein Lebensmotto. "You Gotta Walk And Don't Look Back", frei nach Smokey Robinson und Ronald White.

Ich erinnere mich an den Moment, als ich beschloss, es zur Lebenseinstellung zu machen. Es war im Winter 1979. Ich stapfte mit Freunden nach einer Party durch den Tiefschnee, im Ohr die damals populäre Version von Peter Tosh und Mick Jagger. Wir brüllten den Song laut in die weiße Nacht hinaus.... Okay. Das mit dem "Don't Look Back" funktioniert nicht immer. Neulich zappte ich bei Carmen Nebel rein und musste erleben, wie ein weichgezeichneter Rod Stewart vor Schunkelpublikum Weihnachtslieder im Vollplayback vortrug. Ich flüchtete mich auf der Stelle in die 70er-Jahre, als Rebell Rod "Do You Think I'm Sexy" krächzte.

Kurz davor, mich in alten Zeiten aufzulösen, holte mich die Tochter in die Gegenwart zurück. Sie hielt mir ein YouTube-Video vor die Augen. Das Filmchen begann damit, dass Psy den Gangnam Style tanzte. Erleichtert, vor tränentreibenden Erinnerungen gerettet worden zu sein, lehnte ich mich zurück. Im gleichen Moment erklang "Last Christmas". Jemand hat den Monster-Hit 2012 mit dem Wham-Klassiker aus dem Jahr 1984 gemixt. 1984. Die WG. Weihnachten. Oma brachte den armen Studenten Christollen vorbei. Der Strom war ausgefallen, wir wärmten die Hände an den Kerzen. Ach Albert, sind das schöne Erinnerungen.