Was an Weihnachten auf die Teller kommt, ist eine Glaubensfrage. Die Fleischer auf dem Norderstedter Wochenmarkt verraten ihre geheimen Tricks

Norderstedt . Straßen und Bürgersteige verwandeln sich in Rutschbahnen, noch vor dem Frühstück muss Schnee geschippt werden, und überall stehen überdimensionale Tannenbäume herum: Das Weihnachtsfest wirft seinen Schatten voraus, es ist, als wollte die ganze Stadt uns ein schlechtes Gewissen machen: Was bloß schenken wir unseren Liebsten? Wo ist noch mal dieser Karton mit der Weihnachtsdekoration? Diesen Fragen kann in der Adventszeit keiner ausweichen, eine andere ist aber noch wichtiger: Was kommt an den Feiertagen auf den Teller?

Weihnachten - das bedeutet nicht nur viele Geschenke und Kerzenduft, sondern vor allem: einen vollen Bauch. Damit es am Tisch trotz hoher Erwartungen keine langen Gesichter gibt, will das Festessen gut vorbereitet sein.

Einige Familien schwören auf Fisch, besonders Karpfen ist gefragt. Andere halten es an Heiligabend einfach: Für Kartoffelsalat mit Würstchen muss kein Hobby-Chefkoch stundenlang in der Küche stehen. So mancher Weihnachtskrach lässt sich so vermeiden. Auf den traditionellen Weihnachtsbraten wollen die meisten Deutschen dennoch nicht verzichten. Auch da fällt die Entscheidung aber schwer: Pute, Gans oder doch eine Ente? Jedes Jahr wieder die Qual der Wahl. Für viele ist es inzwischen eine Glaubensfrage. Vor den Fleischerei-Ständen auf den Norderstedter Wochenmärkten gibt es in diesen Tagen lange Schlangen. Es wird gekauft und vorbestellt, bis die Stände leer sind.

Thorsten Böttcher ist ein Typ für klare Ansagen. Geht es um das Duell der Weihnachts-Klassiker, kann dem Fleischer keiner etwas vormachen. "Ente", sagt der 50-Jährige mit seiner kräftigen Stimme und lässt gar keine Fragen aufkommen. "Immer nur Ente. Auf jeden Fall Ente." Die sei viel saftiger als die Pute und sein absoluter Favorit. Jens Konarski schwört ebenfalls auf die Weihnachtsente. Seit knapp 30 Jahren verkauft er sein Fleisch auf den Wochenmärkten, und die Entscheidung zwischen Ente und Gans fällt ihm sichtlich schwer. Auch das Gänsefleisch sei sehr schmackhaft, aber fester als das der Ente. Pute hingegen "ist nicht so mein Ding", sagt der Quickborner.

Die Ente gibt es bei ihm und seiner Frau Silke, die mit ihm zusammen auf den Märkten verkauft, erst am ersten Weihnachtsfeiertag. "An Heiligabend müssen wir ja noch arbeiten, da kochen wir dann etwas Schnelles", sagt Jens Konarski. Für die gesamte Familie und die Schwiegereltern steht er am Tag darauf den ganzen Nachmittag in der Küche und bereitet leckere Entenbrustfilets zu. Sein Geheimtipp: Mit der Gabel vorher die Haut des Tieres rundherum anpieksen; so strahle die Hitze in das gesamte Fleischstück hinein. Anschließend würzt er mit Salz, Pfeffer und einer kleinen Prise Majoran. Thorsten Böttcher ist weniger minimalistisch und gibt noch ein wenig Rosmarin und Thymian hinzu. Bei der Füllung sind sich die beiden Fleisch-Experten wieder einig: Auf die Früchte kommt es an. "Ich setze auf Orangenfilet", sagt Jens Konarski "Die Orange wird erst geschält und dann die kleinen Häutchen herausgeschnitten. So bleibt nur noch das Beste übrig. Damit fülle ich die Ente. Das Aroma ist genial." Seine Kundin Edeltraut Bosch hat noch einen Tipp: "Vor dem Anbraten werde ich dieses Jahr Rotwein unter die Haut der Ente spritzen. Und eine halbe Stunde vor Ende der Garzeit reibe ich sie noch zusätzlich mit Honig ein", sagt sie. So werde die Haut besonders knusprig und glänzend.

Für diejenigen, die es nicht so fettig mögen, empfiehlt Thorsten Böttcher Putenfleisch. "Besonders die Oberkeule ist schön saftig und nicht so trocken wie die Putenbrust", sagt er. Seine Puten kommen allesamt aus Grevenkop. Sie seien zwar im Vergleich recht teuer, aber besonders zu Weihnachten lohne es sich schließlich, auf Qualität zu achten.

Eine ganze Ente, Gans oder Pute zu kaufen, davon raten die Fachmänner hingegen eher ab. "Meist hat man von kleineren Filetstücken mehr", sagt Jens Konarski. Außerdem brauche eine ganze Gans je nach Größe schon einmal vier bis fünf Stunden. "Da sind sie mit einzelnen Keulen einfach schneller fertig."

Überhaupt sei der ganze Rummel um das Festmahl überbewertet, bemerkt Kundin Heidi Ahrens. Die 72-jährige Norderstedterin hat das meiste bereits vorbereitet. Rouladen mit Thüringer Klößen und Rotkohl soll es bei ihr geben. "Ich habe schon alles eingefroren, nur die Klöße mache ich frisch", sagt sie. "Die Kinder sind aufgeregt, die Eltern ebenso nervös. Da sollte keiner den ganzen Tag in der Küche stehen." Schließlich gehe es an Weihnachten ja eigentlich um etwas ganz Anderes.