Ludwig Arts trifft Michael Walluks. Dem Disponenten der Rettungsleitstelle in Norderstedt und seiner Frau verdankt er sein Leben.

Norderstedt. Die Männer reden über den Urlaub, den Stau vor dem Elbtunnel und nehmen den nächsten Keks vom Wohnzimmertisch, den Angelika Arts adventlich gedeckt hat. Nur langsam tasten sich ihr Mann Ludwig und Michael Walluks im Gespräch an das Thema heran, das beide jetzt bewegt. Der Manager aus der Luftfahrtbranche und der Disponent aus der Rettungsleitstelle haben sich nie zuvor gesehen, und doch sind sie auf existenzieller Weise miteinander verbunden gewesen. Ohne des energischen Einsatz von Michael Walluks am Telefon wäre Ludwig Arts vermutlich nicht mehr am Leben. Kaum zu glauben, dass der Norderstedter ohne Herzschlag und kaum atmend in dem Haus am Boden lag, wo die Männer jetzt ihren Kaffee trinken.

Wie berichtet, war Ludwig Arts am 16. Oktober nach dem Joggen mit einem Herzinfarkt zusammengebrochen. "Ich glaube, ich muss mich hinlegen", hatte der 53-Jährige seiner Frau Angelika gesagt, dann kollabierte er auf den Fliesen. Angelika Arts reagierte sofort, wählte am Telefon den Notruf 112 und erreichte in der Norderstedter Leitstelle Michael Walluks. Es war der erste Anruf in seiner Frühschicht.

Walluks alarmierte nicht nur Rettungswagen und Notarzt. Er erklärte Angelika Arts, wie sie ihren Mann mit einer Herzdruckmassage wieder beleben könne. Angelika Arts erinnert sich noch genau an seine Worte: "Sie machen jetzt, was ich sage." Fachleute sprachen damals von einer Reanimation wie aus dem Lehrbuch.

Jetzt sitzen sich die beiden Männer im Wohnzimmer der Familie Arts gegenüber. Ludwig Arts hat den Infarkt ohne bleibende Schäden überstanden, seit Montag fährt er wieder zur Arbeit. Michael Walluks hat seit dem 16. Oktober bei zwei weiteren Notfällen eine telefonische Reanimation geleitet. Beide waren gescheitert.

Dass sich Patienten beim Rettungsdienst oder in der Leitstelle bedanken, komme manchmal vor, sagt Walluks. Manche schicken Brief, ein ältere Dame habe ihn ein selbstgehäkeltes Püppchen als Glücksbringer geschickt. Einen Menschen zu treffen, dem er gemeinsam mit der Anruferin das Leben gerettet hat, ist neu für ihn. "Das haben Sie gut gemacht", sagt Ludwig Arts lachend, als die Männer zum Thema kommen.

Seit 22 Jahren nimmt Walluks in der Leitstelle Notrufe entgegen, koordiniert mit seinen Kollegen die Einsätze von Rettungsdienst und Feuerwehren im Kreis Segeberg. Walluks ist ein erfahrener Retter, doch die gelungene Telefonreanimation berührte ihn tief. "Nach dem Gespräch habe ich geheult - Freudentränen", sagt er damals.

Zwar erlebt er die Notfälle nur am Telefon, nahe gehen ihm die Verzweiflung der Anrufer angesichts von Krankheit oder Verletzung dennoch oft. Nach Schichtende redet sich Walluks bei seiner Frau die Anspannung von der Seele. Sie ist Krankenschwester.

Dann sagt Ludwig Arts einen Satz, der zunächst erstaunlich klingt: Der Infarkt - es war sein zweiter - habe ihn kaum verändert. Bereits nach dem ersten habe er sein Leben umgestellt, sich gesund ernährt, Sport getrieben und weniger gearbeitet. Damals hatte Arts einen Stent erhalten. Warum sich an dem Stent dermaßen viele Ablagerungen bildeten, die am 16. Oktober eine Blutbahn im Herz schlagartig versperrten, können sich seine Ärzte bis heute nicht erklären. "Machen Sie weiter wie bisher", sagen seine Ärzte. Bereits in der Reha-Klinik hatte Arts wieder mit dem Jogging begonnen. Demnächst fliegt er mit seiner Frau auf die Kanaren. Und mit 60 Jahren will Arts in Rente gehen. Er ist zuversichtlich, dass ihn nicht ein dritter Infarkt erwischt. Um zu verhindern, dass sein Herz erneut ins Straucheln gerät, haben die Kardiologen des Krankenhauses ihm einen Mini-Defibrillator in die Brust eingesetzt.