Ich kannte einst einen Musiklehrer, der sich gern ans Klavier setzte, um ein selbstgetextetes Couplet zum Besten zu geben - mit der zur Kaltkriegszeit noch ganz sinnigen Refrainzeile: "Mein Gott, der Russe steht ja schon vor Lauenburg!" Fragt sich, was der Mann heutzutage dichten würde, da der Russe statt Expansionsgelüsten lieber staatslästernde Punkmusikerinnen verfolgt. Mit Franzosen vor Kaltenkirchen hätte der Musikus jedenfalls sicher nicht gerechnet. Genauer: Mit einem unbemannten französischen Militärhorchposten im Wald bei Springhirsch. Mit Geräten, die - Zitat "Abendblatt" - "entfernt an Wäschespinnen" erinnern.

Was daran liegt, dass es Wäschespinnen sind. Und damit sind wir zurück in der Zeit des Kalten Krieges, als der Bundeskanzler noch Helmut Schmidt heißt und in seinem Wochenendhaus am Brahmsee Besuch bekommt. Beim gemeinsamen Grillabend mit dem französischen Spezi Giscard d'Estaing schimpft Loki über die olle Wäschespinne im Garten, die dort bloß noch steht, weil Helmut den Sperrmülltermin verpennt hat. Giscard, französisch galant, erbietet sich, das Teil mitzunehmen und auf dem Rückweg zum Flughafen Fuhlsbüttel am Recyclinghof zu entsorgen. Sein Fahrer lädt die Wäschespinne ein, und Giscard, abgefüllt mit Oldesloer Doppelkorn, entschlummert sanft auf dem Beifahrersitz. Bis er auf der B 4, Höhe Springhirsch, jäh erwacht, weil ein Schlagloch die Wäschespinne im Kofferraum scheppern lässt. Für den Recyclinghof ist es zu spät, für den Mülleimer ist das Objekt zu groß - zu Hause würde es blöd aussehen, stiege er mit dem Ding aus dem Flieger.

Und deshalb lässt Giscard die Limousine halten, um die Wäschespinne eigenhändig in den Wald zu pfeffern. Ohne zu ahnen, dass der zuständige Revierförster den Frevel vom nächstgelegenen Hochsitz aus genau beobachtet. Dieser deutsche Förster identifiziert den französischen Präsidenten sofort. Damit steckt er im Dilemma. Anzeigen? Geht nicht, diplomatische Verwicklungen drohen. Die Wäschespinne aus dem Unterholz klauben und nach Frankreich schicken? Geht nicht, die Aktion sieht geheim aus und soll es vielleicht bleiben. Auf eigene Faust entsorgen? Geht nicht - was, wenn der Präsident das Ding mal wiederhaben will?

Also: Zwischenlagern. Damit keiner dran rumfummelt, Zaun drum mit Hinweis auf Militär und fremdterritoriales Sperrgebiet. Und wann immer ein Förster illegal entsorgten Schrott im Wald findet, stellt er ihn dazu - nunmehr seit Jahrzehnten.

Bis die Müllabfuhr kommt. Was nach diesem Zeitungsbeitrag nicht mehr lange dauern sollte.