Nachwuchshandwerker: Die Mädchen und Jungen von der Vicelin-Kindertagesstätte schauen nicht nur zu, sondern sind auch selbst aktiv.

Norderstedt. Die Kinder der Vicelin-Kindertagesstätte haben ihren neuen Abenteuerspielplatz längst ins Herz geschlossen. Sie sind aufgedreht und bester Dinge, plappern durcheinander, beäugen die Umgebung, verlieren aber nicht die eigentliche Aufgabe aus den Augen. Zum Spaß haben sich Leander, Johanna, Oskar, Ariana und Ben-Erik schließlich nicht in der "silas gestaltungswerkstatt" von Tischlermeister und Designer Silas Schröder in Garstedt zusammengefunden.

Die unzufriedenen Blicke der Kinder blieben nicht unbemerkt

Den Nachwuchshandwerkern erging es zunächst wie den Profis. Alles begann mit einem Problem, das gelöst werden musste. Eigentlich hatten die Kinder immer Spaß bei den Gottesdiensten in der Gemeinde. Wenn sie denn sahen, was vor sich ging.

"Bisher müssen die Kinder unter dem großen Altar hindurch schauen", berichtet Pastor Michael Schirmer. Die unzufriedenen Blicke blieben nicht unbemerkt. Es gab nur einen Ausweg: ein Kinderaltar musste gebaut werden. Und das nicht zu Hause im Hobbykeller, sondern unter qualifizierter Anleitung. Die Mädchen und Jungen der Kita sollten dabei nicht nur zuschauen, sondern selbst aktiv werden. Tischlermeister Silas Schröder fungiert daher seit Frühsommer quasi als Teamleiter.

Klar ist, dass die Kinder möglichst bald nicht mehr mit der Nase unter der Tischkante stehen sollen. "Wir haben Ariana vermessen und dann Höhe sowie Breite des Altars beschlossen. Die Entscheidungen über Farben und Formen haben die Kinder getroffen, wir haben das Konzept nur umgesetzt", sagt Silas Schröder. Die Holzbögen und die obere Platte haben er und seine Mitarbeiter noch selbst an ihren Maschinen zugeschnitten, danach durften auch die Kinder Hand anlegen.

Die Weltgeschichte hat unzählige Altare gesehen. Schon in der Antike waren diese wichtige Stätten zur Verehrung von Göttern und zum Pflegen von religiösen Riten. Auch Opfergaben wurden und werden auf Altaren dargebracht. Früher in lebendiger Form, heute sind die Zeremonier zwar nicht weniger bedeutend, aber weniger blutig.

Historiker kennen riesige Anlagen von mehreren Hundert Metern Länge. Die meisten davon hat der Lauf der Geschichte im Staub verschwinden lassen. In Berlin ist immerhin eine Teilrekonstruktionen des monumentalen, reliefgeschmückten Pergamonaltars ausgestelle. Dieses weltberühmte Bauwerk wurde im zweiten Jahrhundert vor Christi Geburt in der heutigen Türkei errichtet.

So etwas würde heutzutage niemand mehr bauen, doch eines hat sich nicht verändert: Jedes Stück ist ein Unikat; kein Fließbandprodukt, sondern Wertarbeit. So auch der Altar, der von Silas Schröder und den Vicelin-Kindern gefertigt wird. Das Konstrukt aus Eichenholz wird 75 Zentimeter hoch sein und damit seinen Erbauern bis an die Brust reichen.

Die ausgedruckte Vorlage weist zudem acht Bögen als tragendes Fundament aus, bemalt in den Regenbogenfarben und mit einem Durchmesser von 1,50 Metern. Auf ihren Abflachungen wird die Altarplatte später aufliegen.

Der erste Bogen liegt vor den Kindern. Sie warten auf ihren Einsatz. Das weiße Holz muss zunächst geschliffen werden. Das erledigen die fünf mit Hingabe. Je mehr es staubt, desto besser. Dann ist der Bogen glatt - Silas Schröder ruft die Kinder zu sich. Es folgt eine kurze Einweisung in das Malen mit den Pinseln. "Und zwei Farben dürft ihr heute schon ausprobieren", verspricht der Tischler seinen neugierigen Zuhörern. Sein letztes Wort geht schon im Geschrei unter. "Gold! Grün!" - diese Farbtöpfe sollen geöffnet werden.

Einen Kinderaltar hat der Pastor zuvor noch nie gesehen

Michael Schirmer und Erzieherin Anja Wilken haben die Kinder im Blick, lassen sie aber in Ruhe werkeln. Einen Kinderaltar hat der Pastor zuvor noch nie gesehen. "Ich wüsste nicht, dass so etwas schon einmal vorgekommen ist", sagt er.

Natürlich werden sie an diesem Tag nicht fertig. Auch beim folgenden Termin nicht. Irgendwann in der ersten Jahreshälfte 2013 soll der Altar - ein Projekt von Kindern für Kinder - in der Norderstedter Kirchengemeinde feierlich eingeweiht werden.