Die elektronische Kurznachricht, die SMS, wird am Montag 20. Ein Grund für das Hamburger Abendblatt, kurz mal nachzufragen.

Norderstedt. Nachrichten waren früher besser, ehrlich. Sie kamen per Bote zu Pferd und waren auch schöner formuliert. So schrieb Voltaire 1736 an Friedrich den Großen: "Monseigneur, man müsste gefühllos sein, um von dem Brief, mit dem Eure Königliche Hoheit mich zu ehren geruhte, nicht inniglichst gerührt zu sein." Heute bekäme Friedrich eine SMS: "Danke für die SMS. LG Voltaire." Ob so etwas dann geschichtliche Erwähnung fände, ist fraglich.

Klar, Briefe gibt es auch heute noch. Und der Vergleich mit Voltaire ist vielleicht nicht ganz fair. Aber seit der ersten SMS am 3. Dezember vor 20 Jahren ist die Poesie verschwunden aus dem Kommunikationsalltag - oder?

Im Jahr 2011 wurden etwa 55 Milliarden Kurznachrichten versendet

Nein, ist sie nicht, sie hat sich nur geändert, und das ist ja erst mal nicht schlecht. SMS, kurz für Short Message Service, können 160 Zeichen lang sein, sie bieten also mehr Platz als Dichter in einem fünf-sieben-fünf Silben umfasssenden Haiku haben. Wer damit nicht auskommt, kann außerdem einfach mehrere schicken. Im Jahr 2011 wurden laut einer Schätzung der Bundesnetzagentur in Deutschland 55 Milliarden SMS versendet. Die kurzen Textnachrichten, die auf Smartphones via Internet mit dem Programm WhatsApp verschickt werden und im Gegensatz zur SMS in der Regel kostenlos sind, sind noch nicht einmal eingerechnet. Das ist viel Platz für Poesie. Und der wird tatsächlich auch genutzt, Menschen schicken Gedichte, Liebeserklärungen und die Nachricht, dass der Nachwuchs nun endlich da ist.

Zugegeben: Häufiger sind SMS wie "Ich komme 15 Minuten später", "Anruf-Info von Mailbox: 0171... hat keine Nachricht hinterlassen" oder "Kannst Du noch am Supermarkt vorbeigehen". Und es soll auch Leute geben, die per Kurznachricht Beziehungen beenden, andere beschimpfen oder beleidigen.

Alltag 2012: Die Familie sitzt beim Essen - und plötzlich piept's

Aber dafür hat man die SMS immer dabei, wer die unwichtigen und vor allem die unangenehmen löscht, trägt ein ganzes Postfach voller netter Nachrichten in der Tasche. Das hatten Friedrich der Große und Voltaire nicht. Und wer je betrunken ein Nachricht an Exfreund oder -freundin verschickt hat, weiß, dass das für den Moment zwar höchst unangenehm ist, langfristig aber durchaus einen unterhaltsamen Aspekt haben kann.

Vielleicht könnten manche trotzdem auf die Idee kommen, vor 20 Jahren sei alles besser gewesen. Dann nämlich, wenn eine Familie beim Essen sitzt und bei ihnen piept's. Ständig. Oder vibriert. Den Vorwurf dürften gerade Jugendliche kennen.

Aber dem Brief wirft ja auch keiner vor, dass er ankommt, die SMS ist genau genommen unschuldig. Außerdem hat sie am Montag Geburtstag - und am Geburtstag sollten andere entweder gratulieren oder gar nichts sagen. Deshalb: Herzlichen Glückwunsch. Denn in Erinnerung bleiben doch ohnehin eher die schönen Nachrichten, und von denen darf auch ein Familienessen mal gestört werden.

Saskia Papenthin, Mitarbeiterin des Abendblatts, hat am Freitag Menschen auf der Straße gefragt, was ihnen zum Thema SMS so alles einfällt:

Sprüche über die Liebe

Dilara Gökce, 25 Jahre, Studentin aus Henstedt-Ulzburg: "Ich schreibe noch SMS, aber nicht mehr so viel wie früher. Als ich noch kein Smartphone hatte, war das natürlich anders. Ich schreibe jetzt hauptsächlich mit Leuten SMS, die noch kein internetfähiges Handy haben. Als ich mein erstes Handy bekam, war ich 13. Damals hat man immer Liebessprüche herumgeschickt."

Austausch mit der Tochter

Anja Guadagnino, 45 Jahre, kaufmännische Angestellte aus Norderstedt: "SMS schreibe ich hauptsächlich mit meiner Tochter, aber nicht so übermäßig viel, wie das die Jugend tut. Ich würde etwa 40 Kurznachrichten im Monat schätzen, so viel schreiben die Jüngeren wahrscheinlich an einem Tag. Auch wenn ich mal eine SMS tippe, telefoniere ich doch sehr viel mehr."

Mann fürs Leben per SMS

Maike Beier, 27 Jahre, Studentin aus Norderstedt: "SMS schreibe ich nicht mehr. Die sind schon veraltet. Ich schreibe eigentlich ausschließlich über das Internet, also über WhatsApp oder Facebook. Aber ich habe schon noch ein paar SMS, die mir in Erinnerung geblieben sind. Zum Beispiel sind mein jetziger Mann und ich durch eine Kurznachricht zusammengekommen."

Telefonieren geht schneller

Gesa Younes, 65 Jahre, Rentnerin aus Norderstedt: "Ich schreibe keine SMS. Telefonieren geht einfach schneller und ist nicht so umständlich. Kurznachrichten tippen machen ja eher die jungen Leute und dann in einem ziemlichen Tempo. WhatsApp kenne ich nicht, und mit Facebook habe ich auch nichts zu tun. Aber ich habe auch nichts gegen diese neuen Kommunikationswege."