Kinder mit Ängsten und Depressionen bilden im Jahresbericht der Schulpsychologin die größte Gruppe. Viele benötigen Hilfe.

Norderstedt. Versagensängste unter Leistungsdruck, Depressionen, Stress durch Mobbing oder schlicht keinen Bock auf Schule und Unterricht. Die Probleme Norderstedter Schüler sind so vielfältig wie die Gründe dafür. Für 108 Jugendliche von 7743, die Norderstedter Schulen besuchen, waren sie 2012 so massiv, dass sie sich der Psychologin Helena Schütze vom schulpsychologischen Dienst der Stadt Norderstedt anvertrauten. Die Nachfolgerin des langjährigen Schulpsychologen Hans Horstmann hat jetzt ihren ersten Jahresbericht vorgelegt.

108 von 7743 Schülern - das klingt nicht nach großen Problemen in Norderstedt. Jedoch, es darf getrost von einer deutlich höheren Dunkelziffer in der Stadt ausgegangen werden. Helena Schütze: "Es gibt Untersuchungen, die generell davon ausgehen, dass bei zehn Prozent aller Schüler klinisch bedeutsame Probleme zu beobachten sind." Längst nicht alle Jugendlichen suchen sich professionelle Hilfe.

In Norderstedt kommen die meisten Schüler mit Problemen aus den Grundschulen (37), dann folgen die Gymnasiasten (30) und die Gemeinschaftsschüler (29). Nur zwölf Schüler meldeten sich aus Regionalschulen. Gemessen an der absoluten Zahl der Schüler sind es bei den Grundschulen überdurchschnittlich viele und bei den Gymnasien unterdurchschnittlich wenige Meldungen.

Die Jungen sind insgesamt mit 68 Fällen in der Mehrheit. "Psychische Probleme wie Ängste und Depressionen der häufigste Anmeldegrund", sagt Helena Schütze. Mit 25 Fällen liegen sie an der Spitze des Jahresberichtes. Kinder, die dem Leistungsdruck an den G8-Gymnasien nicht standhalten, die generell mit der hohen Erwartungshaltung an sie nicht klar kommen, aber auch individuelle depressive Krankheitsbilder. Helena Schütze arbeitet "systemisch" die Probleme der Schüler auf. "Ich stelle keine Diagnose, sondern ich versuche den Auswirkungen der Probleme in Zusammenarbeit mit dem Schüler, den Eltern und den Lehrkräften entgegenzutreten", sagt Schütze. Sie verdeutlicht das am Beispiel einer 14-jährigen Gymnasiastin - einem Fall aus diesem Jahr. Das Mädchen ist an einer Depression erkrankt. Im Unterricht muss sie immer wieder weinen. Trotzdem sie sich in Therapie befand, sorgte ihr Verhalten für große schulische Schwierigkeiten. Lange: "Die Lehrer wussten mit dem Weinen und ihrem Verhalten nicht umzugehen. Der Unterricht wurde massiv gestört, sowohl das Mädchen, die übrigen Schüler und die Lehrer litten unter der Situation."

In mehreren Beratungsgesprächen mit der Schülerin, Lehrern und den Eltern stößt die Psychologin auf die Lösung. "Das Mädchen spielte Klavier und konnte sich damit gut beruhigen." Von da an ermöglichte es die Schule dem Mädchen, wann immer sie sich schlecht fühlte, den Unterricht zu verlassen, um in einem anderen Raum ein wenig Klavier zu spielen. "Trotz ihrer emotionalen Labilität erfuhr das Mädchen eine Integration in den Schulalltag", sagt Schütze.

Bei den Schulschwänzern sieht die Psychologin ihren Hauptarbeitsbereich

Erfreulich in der Jahresstatistik der Schulpsychologin ist, dass das sogenannte Mobbing unter Schülern mit nur acht Fällen eine untergeordnete Rolle spielt. "Das ist auffällig gering und es ist anzunehmen, dass dies durch den Einsatz der Schulsozialarbeit begründet ist", sagt Schütze.

Das Schulschwänzen ist der Bereich, in dem Helena Schütze den persönlichen Schwerpunkt ihrer künftigen Arbeit sieht. Mit 18 Fällen ist das Schwänzen oder die Schulverweigerung der zweithäufigste Anmeldegrund. "Schulabsentismus ist die Keimzelle für die negative Entwicklung von Kindern und Jugendlichen", sagt Schütze. Sie steht meistens am Anfang von Biografien, die sich mit mangelnden Chancen auf dem Arbeitsmarkt und dem Abdriften in die Kriminalität fortsetzen können. Die meisten Schulverweigerer waren 2012 an Norderstedter Gemeinschaftsschulen zu finden (9), gefolgt von den Gymnasien (4). 2011 hatte es insgesamt nur zwölf Fälle von Schulabsentismus gegeben.

Ein weiterer großer Bereich der Schulpsychologin sind das gestörte Arbeits- und Sozialverhalten (15 Fälle) sowie Konzentrationsprobleme (9 Fälle). Jungen in Grundschulen sind hier überdurchschnittlich stark vertreten.

Schulpsychologin Helena Schütze ist unter Telefon 040/526 76 83 in ihrem Büro am Kiefernkamp 49b zu erreichen.