Stadt will beantragen, Verkehrsüberwachung in Eigenregie zu betreiben. Möglicherweise müsste neue Bußgeldstelle gegründet werden.

Norderstedt. Die ersten Rückmeldungen sind ernüchternd, gleichwohl aber kaum überraschend. Vor knapp einem Monat hat die Stadt Norderstedt in einem Pilotversuch auf der Niendorfer Straße und der Poppenbütteler Straße Tempo-30-Zonen eingerichtet. Der Versuch, den nächtlichen Verkehrslärm zu reduzieren, funktioniert indes nur bedingt - es wird weiter gerast. Und deswegen geht die Verwaltung nun einen Schritt weiter und will die Geschwindigkeits-, aber auch die Rotlichtüberwachung im Stadtgebiet künftig vom Kreis übernehmen.

Die Landrätin bekommt am Montag einen entsprechenden Antrag

Landrätin Jutta Hartwieg, die formal zuständig ist, wird am Montag einen entsprechenden Antrag auf ihrem Schreibtisch liegen haben. Parallel stellt Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote den Plan im Hauptausschuss der Stadt vor. Dem Kreis würden einerseits Einnahmen entgehen, andererseits würde der Stellenausbau im zuständigen Fachdienst hinfällig.

"Vor dem Hintergrund der von der EU geforderten Lärmschutzmaßnahmen und der Einführung von 30er-Zonen auf Hauptverkehrsstraßen ist in der Bevölkerung ein Wunsch entstanden, dass dies auch kontrolliert werden muss. Der Kreis und die Polizei tun das nicht, also ist es unser Ansinnen, es selbst zu machen", sagt Hauke Borchardt, Pressesprecher der Stadt.

Die Stadt hofft auf einen Lerneffekt bei den Autofahrern. "Es geht nicht darum, dass wir abkassieren wollen. Es gibt sogar die Idee, dass wir vorher sagen, wo die Kontrollen stattfinden werden. Damit zeigen wir den Leuten an, dass sie langsam fahren sollen."

Neben Temposündern ist das Missachten von roten Ampeln im Stadtgebiet das schwerwiegendste, weil ebenso hochgefährliche Ärgernis. Borchardt: "Uns wird immer wieder gesagt, dass vor Schulen zu schnell gefahren wird - und dass oft rote Ampeln missachtet werden. Das kann dort dramatische Folgen haben."

Bisher gibt es in Norderstedt genau einen stationären Blitzer - auch bekannt als "Starenkasten". Dieser wurde 2007 an der Stadtgrenze am Rande der Flughafenumgehung installiert, gekoppelt an eine Tempobeschränkung auf 50 km/h - und ist ein voller Erfolg. Gleiches gilt auch für die mittlerweile wieder abgebaute Kontrolle an der Segeberger Chaussee - die Unfallzahlen gingen um bis zu 50 Prozent zurück.

Im Kreisgebiet befinden sich darüber hinaus drei weitere feste Kontrollen: an der B 432 in Leezen, in Lentföhrden (B 4) und an der B 206 bei Bockhorn. Ortskundige tappen jedoch kaum in die Fallen.

Zusätzlich existiert nur ein einziges mobiles Standgerät. Aufgrund der aufwendigen Montage des Stativs und der nötigen Justierung kann dieses von der Polizei pro Tag nur an einer Straße eingesetzt werden und ist zudem überschaubar effektiv, da sich die Position übers Internet oder über das Radio in der Regel schnell verbreitet.

Der Verkehrsbeauftragte ist für eine Übertragung der Aufgabe an die Stadt

Der Norderstedter Weg soll ein anderer sein. Sofern Jutta Hartwieg ihre Zusage erteilt - im Hauptausschuss des Kreistages waren am vergangenen Dienstag auch skeptische Stimmen zu vernehmen -, gibt es verschiedene Optionen. Die Stadt könnte an kritischen Ampelanlagen Messgeräte anbauen lassen, oder es könnte ähnlich wie an der Flughafenumgehung beispielsweise an der Niendorfer Straße eine feste Anlage installiert werden. Eine weitere Variante ist die Anschaffung der erwähnten mobilen Vorrichtung, die dann getarnt neben Bäumen zum Einsatz kommen würde.

Kai Hädicke-Schories, Verkehrsbeauftragter der Polizei Norderstedt, ist grundsätzlich für eine Übertragung der Aufgabe an die Stadt. "Das ist zu begrüßen. Eine Rotlichtüberwachung fehlt hier bisher." Die auffälligsten Kreuzungen fallen ihm sofort ein: Schleswig-Holstein-Straße/Langenharmer Weg/Poppenbütteler Straße, Ohechaussee/Tannenhofstraße/In de Tarpen, Ochsenzoller Straße/Niendorfer Straße/Ohlenhoff.

Die Dienststelle hat für die Geschwindigkeitsüberwachung zwar eine Laserpistole. Das manuelle Kontrollieren ist aber nur punktuell möglich. Nimmt man alle Formen der Überprüfung zusammen, gibt es jährlich in Norderstedt 120 000 Messungen - darunter sind 10 bis 15 Prozent Verstöße.

Dass die vor Kurzem beschilderten Tempo-30-Zonen nicht ernst genommen werden, hat auch Hädicke-Schories bemerkt. "Da hält sich kaum ein Autofahrer dran."

Die Polizei in Norderstedt hat keine Kapazitäten mehr frei

Wie teuer die Umsetzung des Norderstedter Antrags wäre, ist noch nicht absehbar. "Wir würden zunächst Angebote von verschiedenen Anbietern einholen", so Hauke Borchardt. Möglicherweise müsste im Rathaus eine neue Bußgeldstelle gegründet werden mit neuem Personal und neuer Technik für die Funkübertragung der Messdaten. Die Polizei in Norderstedt habe keine Kapazitäten mehr zur Auswertung der Daten, so Kai Hädicke-Schories.