Jutta Hartwieg nahm vor dem Sozialausschuss in Kiel zum Fall des “Kellerkindes“ Stellung

Bad Segeberg. Die Segeberger Landrätin Jutta Hartwieg (SPD) wehrt sich gegen die Vorwürfe behördlicher Zensur im Umgang mit einem Gutachten, das zum Fall eines verwahrlosten Dreijährigen erarbeitet worden war. "Diese Kritik erschüttert mich", sagte sie gestern vor dem Sozialausschuss des Kieler Landtags. Die Mitglieder des zuständigen Hauptausschusses im Kreis Segeberg hatten zunächst nur eine geschwärzte Version des Papiers erhalten.

"Wir stehen zu der Schwärzung", sagte Hartwieg. Das Gutachten enthalte für das Jugendamt "kritische, schmerzhafte Hinweise", aber auch viel Entlastendes. Der Sozialausschuss des Landtags hat nicht einmal die geschwärzte Version erhalten, soll aber eine gekürzte Version des Gutachtens bekommen.

Das Kind war im Juni in einem verdreckten Keller eines Mehrfamilienhauses in Bad Segeberg zufällig entdeckt worden. Das Jugendamt war laut einem Urteil seit 2010 für den Jungen und seine vier Geschwister verantwortlich. Bis heute ist unklar, wie oft und wie lange das Kind in dem Kellerraum eingesperrt wurde.

In der vorigen Woche hatte Hartwieg Fehler im Umgang mit dem Gutachten eingeräumt: "Das Schwärzen musste schnell gehen. Vielleicht hat die Präzision gelitten." Gestern hörte sich das vor den Ausschussmitgliedern des Landtags anders an. "Ich habe ein paar Wochen mit der Zensur verbracht", sagte Hartwieg. Sie sprach von einer "üblichen Verwaltungsmethode". Es gehe schließlich um hochsensible Sozialdaten. Eine Gesellschaft ohne Vertrauensschutz sei totalitär.

Der Leiter des Segeberger Jugendamtes, Georg Hoffmann, bezog sich vor dem Sozialausschuss auf familiengerichtliche Entscheidungen in dem Fall. Deren Tenor sei eindeutig gewesen, weiter mit ambulanter Hilfe zu arbeiten, so lange dies gut gehe, sagte er. Die Norderstedter CDU-Landtagsabgeordnete Katja Rathje-Hoffmann drängt auf eine Herausgabe des kompletten Gutachtens an den Ausschuss. "Wir müssen sehen, dass wir aus dem Fall lernen", sagte sie.