Die deutliche Pleite von Rolf Koschorrek bei der Wahlkreismitgliederversammlung der CDU in Wilster war eine Überraschung. Seit dem Sieg von Franz Thönnes über den SPD-Bundestagsabgeordneten Günther Heyenn 1994 wurde wohl kein amtierendes Mitglied des Bundestags von den eigenen Parteimitgliedern derartig abgestraft - besonders nicht in der CDU.

Rolf Koschorrek hat einerseits recht mit seiner Argumentation, aus der bloßen Anzahl seiner bezahlten Vorträge könne man nicht folgern, dass er keine Zeit mehr für seinen Wahlkreis habe. Auch ist seine schwere Krankheit sicher ein Grund für die mangelnde Präsenz. Aus der Verbindung von beidem jedoch erwächst ein durchaus berechtigter Vorwurf: Wer durch seine vielen Termine in Berlin die Arbeit vor Ort vernachlässigt, kann nicht daneben auch noch einen bezahlten Vortrag nach dem anderen halten. Sei es beim Grünkohlessen oder bei anderen Gelegenheiten; wer nicht da ist, erweckt den Eindruck, als habe er sich von den kommunalen Sorgen entfernt.

Ohnehin hätte Rolf Koschorrek im Wahlkampf vermutlich noch andere Schwierigkeiten bekommen: Nicht nur die Abgeordneten untereinander wissen schließlich ganz genau, wer von wem Geld erhält; auch der informierte Bürger kann das mittlerweile einsehen. Was für die CDU-Mitglieder nur ein zeitliches Problem war, wäre dann schnell zu einer Frage der Glaubwürdigkeit geworden.