In Kaltenkirchen bauen Jugendliche mit gescheiterter Schulkarriere eine Werkstatt auf. Jugendhilfeverein kooperiert mit Behindertenschule

Kaltenkirchen. Tom geht gern zum Regenbogen. Mit der schwer zügelbaren Kraft eines groß gewachsenen 16-Jährigen nimmt er den Zimmermannshammer und schlägt die Nägel in die Holzlatten. In der Schule hat es Tom nicht so gut gefallen. "Ich habe mich mit den Lehrern nicht verstanden", sagt er. "Deshalb hat es auch mit dem Lernen nicht geklappt." Über Details will Tom nicht reden, doch es muss schlimm gewesen sein - für den Jungen, seine Lehrer und die Mitschüler. Irgendwann musste Tom die Schule verlassen und ging zum Verein Regenbogen an der Von-Bodelschwingh-Straße in Kaltenkirchen. "Hier ist es viel ruhiger als in der Schule", sagt Tom und drischt den nächsten Nagel in Latte und Holzwand. "Hier kann man arbeiten und muss nicht immer auf einem Stuhl sitzen."

Der gelernte Tischler und Sozialpädagoge Holger Bettaque und seine Kollegen vom Regenbogen betreuen Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die wie Tom in der Schule nicht zurechtkommen und ohne Hilfe kaum eine Aussicht auf eine Ausbildung oder einen Job hätten.

Zu den Projekten der Kaltenkirchener Regenbogen-Jugendberufshilfe gehört die Trainingswerkstatt, die Tom kraftvoll mit aufbaut. Wann das Gemeinschaftsprojekt mit der benachbarten Janusz-Korczak-Schule für geistig Behinderte eröffnet wird, weiß bislang niemand. Nicht die Fertigstellung des Gebäudes ist das Ziel, sondern die Arbeit daran, die vor vier Jahren begonnen hat.

Die Kosten übernimmt das Kreisjugendamt

Irgendwann könnte dort eine Fahrradwerkstatt einziehen. Schrottreife Räder stehen bereits in einer Abseite, doch bis diese Arbeit beginnt, kann es noch Jahre dauern. "Der Zeitpunkt ist nicht entscheidend", sagt Sozialpädagoge Bettaque.

Jeden Mittwoch treffen sich fünf Teilnehmer, die der Regebogen schickt, und fünf, die von der Janusz-Korczak-Schule kommen. Sie greifen zu Hammer und Akkuschrauber, verlegen Steine zu Mosaiken und haben mit Lehm die Wände gebaut, die jetzt mit Holz verkleidet werden.

Die Kosten übernimmt das Kreisjugendamt, ehrenamtliche Helfer unterstützen das Projekt in ihrer Freizeit. Einer von ihnen ist Michael Sprotte, im Hauptberuf Berufsfeuerwehrmann in Hamburg, ausgebildeter Höhenretter und gelernter Tischler. In seiner Freizeit betreut er im Garten des Regenbogens die Jugendlichen, die ihre Trainingswerkstatt aufbauen.

"Die jungen Menschen sollen lernen, wie die Arbeitswelt funktioniert", sagt Bettaque. Nur wenige Jugendliche, die zum Regenbogen kommen, haben einen Hauptschulabschluss. Einige können einen Förderschulabschluss vorweisen, manche nicht. Die Lücke zwischen einer missglückten Schulkarriere und einem Beruf ist groß.

Die Liste der Gründe, warum der Regenbogen diese Lücken individuell schließen muss, ist lang. Jungen und Mädchen müssen die Schule verlassen, weil sie Drogen nehmen oder kriminell geworden sind. Andere kommen aus zerrütteten Familien, sind behindert oder haben Probleme zu lernen.

Im Regenbogen, der in mehreren Projekten fünf Tage pro Woche 15 Jugendliche betreut, sind die Gruppen klein. "Wir können auf die individuellen Schwierigkeiten eingehen", sagt Bettaque. "Wir nehmen die Jugendlichen, wie sie sind." Bettaque spricht von familiären Strukturen und von einer Gemeinschaft, die die Jugendlichen erleben. Morgens wird gemeinsam gefrühstückt. Disziplin gehört zum Konzept: Wer morgens nicht pünktlich kommt, den holen die Sozialpädagogen persönlich zu Hause ab. "Familiärer Druck" soll Strafen ersetzen. Gewalt, Alkohol und Drogen sind tabu. Letzte Sanktion wäre der Rauswurf, doch dann wäre der Regenbogen gescheitert. Bettaque: "Grundsätzlich gilt: Die Jugendlichen müssen wollen."

Stellen für ungelernte Arbeitskräfte gibt es kaum noch

Erfolge zu messen ist schwierig. Einen Schulabschluss nachzuholen, in eine Berufsfortbildung zu gehen und einen Ausbildungsplatz zu erhalten, gehört zu den Zielen der Arbeit, die jedoch nicht immer erreicht werden können. "Nicht jeder ist in der Lage, einen Hauptschulabschluss zu machen, auch wenn die Gesellschaft es wünscht", sagt Bettaque. Die Menschen, die an diesem Ziel scheitern, haben es zunehmend schwer. Stellen für ungelernte Arbeitskräfte gibt es kaum noch.

Spektakuläre Erfolgsgeschichten haben Seltenheitswert beim Regenbogen, aber es gibt sie. "Es war sehr schwierig mit ihm", sagt ein Sozialpädagoge über einen Jugendlichen, der erst die Ausbildung zum Tankwart schaffte, sich bis zum Abitur durchkämpfte und sich jetzt seinen Jugendtraum erfüllt. Er studiert Archäologie.

Tom versenkt den nächsten Nagel in das Gebäude der Trainingswerkstatt. Auch er freut sich über einen Erfolg. Demnächst tritt der 16-Jährige seinen neuen Job bei einer Abbruchfirma an. Die 17 Jahre alte Selina besucht seit August regelmäßig den Regenbogen und holt demnächst ihren Hauptschulabschluss nach. Danach soll eine Ausbildung folgen. "Irgendwas, was mit Essen zu tun hat", sagt sie. "Vielleicht in einer Konditorei." In der Trainingswerkstatt hat sie beim Verlegen der bunten Mosaiksteine geholfen. "Das war anstrengend", sagt sie.