Zur Reichs-Pogromnacht am Freitag, 9. November, stellt HaWe Kühl sein neues Programm vor

Norderstedt. "Ausgemerzt!" Das Unwort der Nazi-Terminologie schrieb Norderstedts Chansonnier Hans-Werner HaWe Kühl über sein neues Programm, mit dem er jüdische Textdichter und Komponisten vorstellt. Ob die Brüder Wolf (die mit dem "Tüdelband"), Kurt Gerron, Fritz Löhner-Beda ("Dein ist mein ganzes Herz"), Willy Rosen oder die Comedian Harmonists - Melodien und Texte sind heute noch berühmt und gern gehört. Doch die jüdischen Dichter, Musiker und Interpreten sind meistens vergessen. Teilweise auch, weil Reichs-Propagandaminister Joseph Goebbels befahl, die Namen zu streichen und stattdessen "unbekannt" zu notieren.

Für "Ausgemerzt!" hat HaWe Kühl, ehemals Redakteur des Magazins "Geo", monatelang in Archiven recherchiert und die furchtbaren Schicksale derjenigen erfahren, die ganzen Generationen mit ihren Texten und ihrer Musik Frohsinn und Freude bereiteten. Sie wurden von ihren Freunden und Kollegen verraten, gedemütigt, in KZs deportiert, entwürdigt und ermordet. So half auch beispielsweise Franz Léhar, einer der größten Operetten-Komponisten, seinem jüdischen Textdichter Fritz Löhner-Beda nicht, als dieser immer mehr von den NS-Schergen drangsaliert wurde. Am 17. Oktober 1941 deportierten ihn die Nazis ins KZ Auschwitz und erschlugen ihn dort am 4. Dezember 1942, weil eine Gruppe von IG-Farben-Direktoren seine Arbeitsleistung moniert hatte. Seinen Namen löschte die "Reichsmusikkammer" aus allen Dokumenten.

"Am Schicksal einiger jüdischer Künstlerinnen und Künstler der 20er- und frühen 30er-Jahre möchten mein Pianist Rainer Lankau und ich das Grauen des Nazi-Terrors deutlich machen", sagt Hans-Werner Kühl.

Diesem Grauen stehen die wunderbar leichten, charmanten und oft frivolen Texte und Lieder gegenüber, die Chansons und Couplets, die in den 20er- und 30er-Jahren nicht selten zu Gassenhauern wurden und heute vielfach als Evergreens erklingen. Dazu berichtet Kühl über die Schicksale, über Deportation, Ermordung oder Emigration. "Ich zeige auch die Gesichter der Künstler, denn wir sollten ihnen heute wieder ins Gesicht blicken und sie vom Dunkel der Geschichte befreien", sagt Hans Werner Kühl.

Kühl singt beispielsweise Chansons wie "Das find' ich reizend von Lulu", von Willy Rosen, ermordet am 28. Oktober 1944 im KZ Auschwitz, "Heut war ich bei der Frieda" von Siegfried Arno, "Das Nachtgespenst" von Kurt Gerron, "Dat Paddelboot" von den Brüdern Wolf, "In der Bar zum Krokodil" von Fritz Löhner-Beda, "Irgendwo auf der Welt" von den Comedian Harmonists und auch Chansons von Friedrich Hollaender. "Die Nazis zerschlugen die lebendige und vielfältige Szene der Cabarets und Varietés, deren Kultur wir letztlich den jüdischen Komponisten, Textern und Interpreten zu danken haben", sagt Kühl.

Am Freitag, 9. November, liest HaWe Kühl eine Passage aus "Ausgemerzt!" an der KZ-Gedenkstätte Wittmoor, Fuchsmoorweg, in Norderstedt. Die Gedenkzeit beginnt um 14 Uhr. Das ganze Programm ist von 19.30 Uhr an im Kulturhaus "ella" am Käkenflur 30 (über Iserlohner Stieg) in Hamburg-Langenhorn zu sehen (Eintritt acht Euro). Am 27. Januar präsentiert Kühl das Programm zum Holocaust-Gedenktag im Alfred-Stern-Studio im Kulturwerk am See, Am Kulturwerk 1, in Norderstedt. Beginn 20 Uhr, Eintritt acht Euro.