Wir stellen Ihnen heute den Alten Heidkrug vor. Die Familie Gamerdinger investiert im nächsten Jahr in eine hochmoderne Kücheneinrichtung.

Seit exakt 363 Jahren gibt es ihn schon. Seit 363 Jahren ist er eine markante Anlaufstation für Reisende, die von Altona und Hamburg nach Lübeck fahren. Hoch zu Ross, als Pferdegespann, mit der Postkutsche. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts hielten die ersten Automobile an dem damals noch reetgedeckten Haus, das direkt an der Alster liegt. Heute halten dicke Trucks am Alten Heidkrug, denn der Landgasthof verspricht eine gute deutsche Küche.

Jetzt stehen beispielsweise Eisbein mit Sauerkraut, Grünkohl mit Kochwurst, Kassler und Schweinebacke, Ente mit Rotkohl auf der Speisenkarte, und auch der Karpfen, von den Karten anderer Restaurants und Gasthöfe seit langem verschwunden, erfreut sich im Alten Heidkrug wachsender Beliebtheit, von knusprigen Bratkartoffeln ganz zu schweigen.

"Wir sind der Tradition unserer langen Familien-Geschichte verpflichtet", sagt Andreas Gamerdinger. Schon als Jugendlicher war ihm klar, dass er den Alten Heidkrug von seinem Vater übernehmen würde. Er lernte Koch im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten, immerhin ein Haus, das im Lebenslauf eines Kochs mit mindestens einem Stern zu Buche schlägt. "Ich führe das Haus im Sinne meines Vater weiter, und das kann ich dank eines tollen Teams, das ich hier habe", sagt Andreas Gamerdinger. Für ihn ist es auch selbstverständlich, dass sein Sohn Arne einmal sein Nachfolger sein wird. Der 19-Jährige hat gerade eine Ausbildung zum Restaurant-Fachmann begonnen. Sieben fest angestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören zum Team, das zur Hochsaison und bei Festen von 20 Aushilfskräften unterstützt wird.

Ohne Investitionen geht auch im Alten Heidkrug der Herd aus

Doch auch die längste Geschichte eines Hauses und die verlässlichste Tradition müssen gepflegt werden. Ohne Investitionen geht auch im Alten Heidkrug der Herd aus. "Im nächsten Jahr werden wir unsere Küche komplett neu einrichten", sagt Andreas Gamerdinger. Bis zu 100 000 Euro muss er dafür aufwenden. "Wenn wir uns nicht fit für die Zukunft machen würden, wäre das ein Verrat an unserer traditionsreichen Vergangenheit", sagt Gamerdinger.

Magnet des Hauses ist aber nicht nur die verlässliche deutsche Küche, sondern auch der große Gastgarten, der hinter dem großen Anwesen direkt hinunter bis zur Alster führt. Hier werden im Sommer Feste gefeiert, hier wird gehochzeitet. Firmen buchen den Garten ebenso wie Geburtstagskinder, und auch so manches Grillfest, so manchen Brunch veranstalten die Gamerdingers im großen romantischen Gastgarten. Dafür hat Andreas Gamerdinger eine Grillhütte gebaut, die auch als Bar genutzt werden kann.

Schon vor der Existenz des Gasthofes wurde die ganze Region um das heutige Kayhude herum als Heidkrug bezeichnet. Der Name Heidkrug wurde erstmals auf Landkarten entdeckt, die kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) gezeichnet wurden. Ein Jahr später, 1649, wird der Alte Heidkrug nachweislich erwähnt. 1682 erscheint der Name in den Akten der Güter Jersbek und Stegen.

Bis zum Heidkrug war auch die Alster schiffbar, eine weitere Einnahmequelle für den Gasthof, in dessen Remise direkt an der Straße die Kutschen und Gespanne ihre Pferde wechselten, während die Reisenden sich in der Gaststube erfrischten.

Unter dem Saal in der ehemaligen Remise liegen eiszeitliche Monster

Die Mitte des 19. Jahrhunderts errichtete Remise baute der damalige Gastwirt Carl Arriens 1937 zum Tanzsaal um. Heute spielt dort auch das Amateurtheater "De plattdütsche Bühn' Tangstedt" niederdeutsche Komödien.

"Ob die großen Findlinge, die sich unter dem Saal befinden, bereits während der Eiszeit angeschoben, oder ob sie für den Bau der Remise hierher transportiert wurden oder beides, konnten wir bisher nicht feststellen", sagt Gamerdinger. Auf jeden Fall bereiteten ihm die eiszeitlichen Monster beim Verlegen von Leitungen Riesenprobleme. "Da kommt kein Bohrer durch", sagt Gamerdinger.

Lebensader des Alten Heidkrugs war und ist aber nicht nur die heutige Bundesstraße 432, sondern auch die Alster. Im frühen Mittelalter war sie es sogar, die Hamburg zur Metropole machte. Von 1306 bis 1310 kaufte die Hansestadt den Fluss sogar den Grafen von Holstein und Stormarn ab. Im 15. und 16. Jahrhundert wurde sie Teilstück eines Kanals zwischen Nord- und Ostsee und verband über den bei Stegen abzweigenden Alster-Beste-Kanal, die Norderbeste und die Trave die Hansestädte Hamburg und Lübeck miteinander. An den Schleusen dieser Wasserstraße war der Alte Heidkrug einer der Kröge bis zum Winterhuder Fährhaus in Hamburg, denn die Schleusenwärter konnten von ihrem Salär allein nicht leben und erhielten somit vom Hamburger Senat die Erlaubnis, einen Krug zu betreiben.

Auf der Alster verschiffte der Borsteler Gutsherr Torf und Holz aus seinen Mooren und Wäldern nach Hamburg, und der Holzvogt war gleichzeitig der Hamburger Schleusenwärter. Ob die Gastwirtschaft im Pacht-Bauernhof Heidkrug oder im Schleusenhaus eingerichtet war, ist nicht bekannt. Wann der Kröger des damaligen "Santkrogs" seine Konzession erhielt, ebenfalls nicht. Ab 1796 jedenfalls durfte A. J. Lütkens, Pächter des "Meyerhofs Heydkrog", Bier brauen.

Andreas Gamerdinger kann seine Familie bis 1882 zurück verfolgen

1809 wurde der Heidkrug mit Gastwirtschaft, Wohnhaus, Stallungen und Ländereien "auf zwölf Jahre vom Maitag 1809 bis Maitag 1821" an Johann Hinrich Lehrmann verpachtet. Am 3. September 1822 eröffnete die Post eine Extra-Station im Heidkrug. Zudem wurde der Krog zum Treffpunkt der Butterhändler, die die Butter von den umliegenden Bauern kauften (s. Curt Davids: Jahrbuch des Alstervereins).

Andreas Gamerdinger kann seine Familie bis 1882 zurück verfolgen, als Bertha Sophie Harms den Heidkrug übernahm. Zehn Jahre später wird ihr Sohn Hinrich Harms Grundeigentümer, 1919 dessen Sohn Heinrich Harms, Andreas Gamerdingers Urgroßvater. 1935 übernahm Gastwirt Carl Arriens Gasthaus und Grundstück. Er baute die Remise zum Saal um und eine große Veranda zur Alsterseite.

Carl Arriens starb im März 1954. Seine Ehefrau Frieda und ihr Enkel Kurt Gamerdinger übernahmen den Krog. Auch Andreas Gamerdingers Vater lernte im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten das Kochhandwerk.

In der Wirtschaftswunderzeit schob er mit seiner Ehefrau Gesa das Geschäft an und baute eine weitere Veranda zur Alsterseite. Nach seinem Tod führte Andreas Gamerdinger den Betrieb mit seiner Mutter Gesa und seinem Bruder Bernd weiter, seit Januar 2009 ist Andreas Gamerdinger alleiniger Inhaber.

"363 Jahre - das ist eine Zeit, die verpflichtet, doch wir sind mit Leib und Seele Gastwirte - aus Tradition", sagt Andreas Gamerdinger.