Vertrauliche Informationen des “Kellerkind“-Skandals wurden an die Presse weitergegeben

Bad Segeberg. Der Segeberger "Kellerkind"-Skandal droht noch schlimmer zu werden, als er ohnehin schon war. Die "Segeberger Zeitung" zitierte nun Passagen aus dem eigentlich streng vertraulichen Teil des 70-seitigen Gutachtens zum Kinderschutzfall am Bussardweg.

Die Details aus der Fallrekonstruktion belasten die Eltern und sogar die Großmutter des verwahrlost aufgefundenen Dreijährigen in einem deutlich stärkeren Maße als bisher bekannt. So gibt es schon seit 2005 Vermerke über Schläge der Großmutter ins Gesicht der älteren Tochter. Der Vater habe daraufhin gesagt, körperliche Züchtigungen würden "nicht schaden". Auch seitens der Mutter hatten Nachbarn körperliche Gewalt beobachtet und "verbale massive Bedrohungen" gegenüber den Kindern. Ferner wurde 2006 eine Tochter eingesperrt mit einem Topf als Toiletten-Ersatz. 2007 hatte ein privater Träger zu Protokoll gegeben: "Das Wohl der Kinder kann nicht sichergestellt werden."

Immer wieder werden im Kinderhort und in der Schule Spuren körperlicher Gewalt, aber auch Traumata infolge erniedrigender verbaler Kommentare festgestellt. Die Eltern hätten sogar den Geburtstag ihrer dritten Tochter vergessen. "Die Kinder gerieten zunehmend in die soziale Isolation", stellte das Jugendamt fest. Aber erst 2010 wurden drei Kinder aus der Familie in andere Obhut gebracht.

Die Offenlegung des Gutachtens bringt allerdings auch die Verwaltung insgesamt in die Bredouille. Gutachter Reinhart Wolff hatte ein Versagens des gesamten Systems, nicht aber einzelner Personen, als Ursache genannt für die fatale Entwicklung in der Segeberger Familie.

Jetzt steht indes wieder die Frage im Raum, warum trotz der offensichtlich bekannten unmenschlichen Erziehungsmethoden die Eltern bis zum Juni dieses Jahres drei Kinder in ihrer Obhut behalten durften.

Dass das gesamte Gutachten an die Presse gegeben wurde, ist zweifelsohne ein gravierender Vertrauensbruch. Zugang zu dem Text hatten lediglich die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses sowie Teile der Verwaltung. "Ich bin absolut empört. Wie soll man jetzt noch wissen, mit wem man künftig vertrauensvoll zusammenarbeiten kann?", fragt Gerd-Rainer Busch (SPD), Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Er vermutet einen politischen Hintergrund - soll Landrätin Jutta Hartwieg ein halbes Jahr vor den Kommunalwahlen diskreditiert werden? "Mein Verdacht ist, dass die Landrätin beschädigt werden soll. Es geht nicht um das Kind", so Busch.

Für ihn ist die Weitergabe persönlicher Details generell unverantwortlich. "Was stellt das denn mit einer 13-Jährigen an, wenn sie aus der Zeitung diese Dinge über ihre Familie erfahren muss?" Busch fügt an, dass es im Ausschuss Klärungsbedarf gibt - "aber nicht nur dort!" Zudem könnte es nun interne Ermittlungen geben.