Meilensteine der Vergangenheit: An der Ulzburger Straße wurden die letzten historischen Grenzsteine wieder aufgestellt.

Norderstedt/Henstedt-Ulzburg . Der Stein wirkt eher unscheinbar und wird von den Passanten auf dem Lidl-Parkplatz oder auf dem Gehweg an der Ulzburger Straße kaum beachtet. Aber für Joachim Grabbe aus Henstedt-Ulzburg hat er eine ganz besondere Bedeutung: Der Granitstein ist auf der Ulzburger Straße der letzte einer Reihe von Grenzsteinen der einstigen Herrschaft Pinneberg, die vom Eimsbütteler Markplatz bis nach Ulzburg-Süd führten.

Für den Hobby-Historiker und Theaterautor Joachim Grabbe ist der Granitstein ein Zeuge der Vergangenheit. Gesetzt wurden diese Steine einst von der Herrschaft Pinneberg, um ihr Land gegen die umliegenden Dorfschaften und Gemeinden abzugrenzen. Der Henstedt-Ulzburger hat seit je her ein Gespür für die Geschichte seiner näheren Umgebung. Manchmal hat sein überbordender Einfallsreichtum auch seltsame Kapriolen geschlagen.

Vor sechs Jahren machte er Schlagzeilen, weil er Meilensteine, die der dänische König von 1832 bis 1849 zwischen Hamburg und Lübeck sowie Altona und Kiel setzen ließ, etwas "aufhübschen" wollte. Er griff zu Farbe und Pinsel, um die Steine zu bemalen - und zog sich damit den Zorn des Landesamtes für Denkmalschutz zu.

Bei den historischen Grenzsteinen jedoch geht alles mit rechten Dingen zu. Die Stadt Norderstedt segnete das Aufstellen der Grenzsteine ab. Und mit dem Norderstedter Heimatforschern Gerd Meincke, Wolf-Rüdiger Wendt, Erwin Möller, Wolfgang Burmester und Ingo Zumbroich fand er auch Hobby-Historiker, die sich ebenso vehement für die Steine einsetzen. "Wir sind die Gruppe der Steinläuse", sagt Joachim Grabbe, "und haben uns die Erforschung der Grenzsteine zum Ziel gesetzt."

Die Idee kam Joachim Grabbe während seiner Stadtteilführungen in Eimsbüttel entlang der preußischen Grenze. Dänenkönig Christian VII. markierte damit Ende des 18. Jahrhunderts sein Herrschaftsgebiet, das vom Eimsbütteler Markt bis nach Ulzburg-Süd, über Quickborn-Heide, Bilsen, Quickborn-Himmelmoor, Seeth-Eekholt, Elmshorn und weiter an der Krückau entlang bis an die Pinnau reichte, ehe es westlich von Wedel auf die Elbe traf, die die südwestliche Grenze markierte. Die östliche Grenze, die die Herrschaft Pinneberg vom Gut Tangstedt trennte, verlief entlang der Ulzburger Straße. Hier stehen seit einigen Tagen die Steine 27, 28 und 30 - die letzten in der Reihe auf Norderstedter Gebiet. Sie sind Nachbildungen, weil die Originale längst verschollen sind. Der Stein Nummer 30 war 1969 bei Erdbauarbeiten kurzfristig wieder aufgetaucht - um gleich darauf auf unerklärliche Weise wieder zu verschwinden. Vermutlich ist er bei einem Liebhaber gelandet oder einfach wieder untergebuddelt worden. Denn die Geschichte der Grenzsteine interessierte damals niemanden.

Die Standorte der Grenzsteine sind auf historischen Karten im Landesarchiv Schleswig verewigt. Die "Steinläuse" sind dort lange Zeit Stammgäste gewesen, um den Grenzverlauf zu verinnerlichen.

Weil die alten Steine verschollen sind, hat Joachim Grabbe die Aufgabe übernommen, die von der Stadt Norderstedt gesponserten Granitsteine zu bearbeiten. Drei Arbeitstage benötigt er, um mit Hammer und Meißel die Innschriften originalgetreu herzustellen. Wer sich den Stein am Lidl-Parkplatz genauer ansieht, kann die Geschichte verfolgen: HP steht für Herrschaft Pinneberg, C 7 für den Dänenkönig Christian VII., 1782 für das Jahr der Steinsetzung, 30 für die Nummer des Steins, beginnend am Eimsbütteler Marktplatz. Der letzte Stein mit der Nummer 33 steht seit Beginn des Jahres übrigens wieder an der Industriestraße in Henstedt-Süd.