Vermieterin schildert in einem Brief an die Politiker weitere Einzelheiten

Bad Segeberg. Das Gutachten liegt auf dem Tisch, die Kinder wohnen bei Pflegefamilien, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Eltern. Doch die Aufarbeitung im Segeberger "Kellerloch-Skandal" - offiziell spricht die Verwaltung mittlerweile von einem "Kinderschutzfall" - wird von neuen Diskussionen und Vorwürfen begleitet.

Vermieterin wurde vom Gutachter aus Zeitgründen nicht befragt

So hat sich die Vermieterin des betreffenden Hauses im Bussardweg mit einem Schreiben an die Kreispolitiker gewandt. Darin beschreibt sie den unzumutbaren Zustand nicht nur des Kellers, sondern auch des Flures und der Treppe. Diese seien ebenfalls mit Kot und Urin verdreckt gewesen. "Nichts konnte ohne Schutzkleidung angefasst werden", heißt es. Und: "Kein Mensch wird mir glaubhaft versichern können, dass man nichts merken konnte."

Kinderschutzexperte Reinhart Wolff hatte sich aus Zeitgründen das Haus nicht anschauen können und auch nicht die Vermieterin befragt. Allerdings hatten Staatsanwaltschaft und Polizei schon im Sommer eine kriminalistische Untersuchung sowie eine Zeugenbefragung durchgeführt. Die Ermittlungen gegen die Eltern dauern weiter an; die Staatsanwaltschaft Kiel hat hierfür zusätzlich das Gutachten angefordert, um dieses mit ihren Unterlagen abzugleichen.

Die Kreistagsfraktionen werden in den nächsten Tagen, so etwa die SPD am kommenden Wochenende, in Klausur gehen und über strukturelle Schwächen der Kinder- und Jugendhilfe beraten. Ein Problem ist allerdings, dass nur Mitglieder des Jugendhilfeausschusses die ungeschwärzte Version des Gutachtens inklusive der Fallrekonstruktion bekommen haben, vertrauliche Passagen aber nicht preisgeben dürfen.

"Wie können wir zu einer gemeinsamen Meinung kommen, ohne alle die betreffende Sachgrundlage zu haben", fragt Claus Peter Dieck, Fraktionschef der CDU. "Das ist nicht gerade einfach."

Auch die sozialpolitische Sprecherin der CDU im Landtag, Katja Rathje-Hoffmann, fordert für die nächste Sitzung des Sozialausschusses Einsicht in das komplette Gutachten. "Mit der dem Kreistag vorgelegten zensierten Version ist niemand in der Lage, eine Beurteilung der Arbeit der Jugendhilfeorganisationen im Kreis vorzunehmen."

Auch die Wiegmann-Hilfen in Kaltenkirchen arbeiten den Fall auf

In seiner Expertise hat Reinhart Wolff auch die Arbeit des freien Trägers, der Wiegmann-Hilfen aus Kaltenkirchen, analysiert und so genannte Rückblickgespräche mit Mitarbeitern des ambulanten Dienstes geführt. Persönliche Fehler waren diesen demnach nicht unterlaufen. "Man hat uns ohne Schuld gelassen, aber wir wollen wissen, wo wir stehen. Herr Wolff hat uns zwar entlastet, aber damit geben wir uns nicht zufrieden", sagt Heiner Voß, Geschäftsführer der Wiegmann-Hilfen.

Aus diesem Grund findet derzeit eine Art Innenrevision statt - ebenfalls geleitet von zwei Wissenschaftlern. "Wir wollen wissen, ob es bei uns Fehler gegeben hat. Das ist unser eigener Anspruch", so Voß.