Henstedt-Ulzburgs amtierende Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf (CDU) äußert sich zu den aktuellen Vorwürfen gegen sie.

Henstedt-Ulzburg. Elisabeth von Bressensdorf hat keinen einfachen Job: Die 68 Jahre alte CDU-Gemeindevertreterin ist seit fast neun Monaten amtierende Bürgermeisterin in Henstedt-Ulzburg - und ein Ende ihrer Amtszeit ist noch nicht abzusehen: Niemand kann sagen, ob und gegebenenfalls wann der suspendierte Bürgermeister Torsten Thormählen an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird.

Die stellvertretende Bürgermeisterin ist öffentlich in die Kritik geraten, weil sie die Internetzeitung "Henstedt-Ulzburger Nachrichten" nicht zum Pressegespräch ins Rathaus eingeladen hatte. Auch im Fernsehen wurde über diesen Fall berichtet. Der Deutsche Presserat hat sich zu diesem Fall inzwischen geäußert - er sieht keine Zuständigkeit. Die "Henstedt-Ulzburger Nachrichten" seien nicht als Medium der Presse einzustufen, weil keine Verbindung zu einem Presseverlag erkennbar sei.

Nach Ansicht des Deutschen Journalistenverbandes gilt der Artikel 5 des Grundgesetzes (Meinungsfreiheit) auch für elektronische Medien, die "Nachrichten und Meinungen an einen individuell unbestimmten Personenkreis" verbreiten. Somit hätten die "Henstedt-Ulzburger Nachrichten" sowohl einen Anspruch auf Information als auch auf Gleichbehandlung.

Hamburger Abendblatt: Haben Sie noch Spaß an Ihrem Job als stellvertretende Bürgermeisterin?

Elisabeth von Bressensdorf: Ich habe tatsächlich noch viel Lust, dieses Amt auszuüben. Der Zuspruch, der auch von Fremden kommt, bestärkt mich. Selbst von Kisdorfer Bürgern wurde ich angesprochen.

Hat Sie die Kritik, die in den vergangenen Wochen auf sie eingestürzt ist, überrascht?

von Bressensdorf: Ja. Überrascht war ich auch, was von politischer Seite gekommen ist; auch von meiner eigenen Fraktion, trotz Kenntnis meiner Stellungnahme zur Rechtslage. Inzwischen steht ja fest, dass ich mit der Nichteinladung der ,Henstedt-Ulzburger Nachrichten' gegen keine geltenden Gesetze, insbesondere nicht gegen das Grundgesetz, verstoßen habe.

Hatten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt überlegt, den Posten als stellvertretende Bürgermeisterin ruhen zu lassen?

von Bressensdorf: Nein, das hatte ich zu keinem Zeitpunkt überlegt, denn das war ja offensichtlich das Ziel der Pressekampagne gegen mich. Betroffen war ich, dass plötzlich alle Medien darüber berichtet haben und viele falsche Behauptungen ungeprüft übernommen wurden, obwohl sie der Verbreiterhaftung unterliegen und gegen ihre Berichtigungspflicht gemäß Ehrenkodex des Presserates verstoßen haben. Ich habe meine Arbeit aber normal weitergeführt und habe immer noch Lust, an diesem Schreibtisch zu sitzen.

Wie wurde die Berichterstattung in den Medien von den Mitarbeitern der Verwaltung wahrgenommen?

von Bressensdorf: Es standen zwischen den Zeilen ja auch immer Korruptionsvorwürfe, deshalb haben sich alle betroffen gefühlt. In jeder Besprechung kam das Thema hoch, was immer an Informationen aus dem Rathaus kam, wurde stets nur in eine Richtung interpretiert. Stimmung und Motivation waren schlecht, die Verwaltung an ihren Grenzen.

Wie arbeiten Sie eigentlich als stellvertretende Bürgermeisterin?

von Bressensdorf: Ich bin täglich um 11 Uhr im Rathaus und bleibe meistens bis 16 oder 17 Uhr. Montags leite ich die Fachbereichsleiterbesprechung, die oft bis zu drei Stunden dauert. Wenn dann auch noch eine Ausschusssitzung ist, bin ich mehr als zwölf Stunden im Einsatz.

Ihr Hund Piccolo ist immer dabei?

von Bressensdorf: Nein, nur wenn ich wenige Termine habe, nehme ich ihn mit.

Fühlen Sie sich als vollwertiges Mitglied der Gemeindeverwaltung?

von Bressensdorf: Ich habe das Gefühl, die Mitarbeiter erkennen mich an und unterstützen mich.

Werden Sie ihrer Ansicht nach angemessen bezahlt?

von Bressensdorf: Nein, aber ich weiß ja, worauf ich mich eingelassen habe. Die 36 Euro, die ich pro Tag bekomme, stehen in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Arbeitsaufwand. Das ist aber nicht relevant, ich stelle keinen Antrag auf Erhöhung angesichts dieser Ausnahmesituation. An manchen Tagen spüre ich abends, was ich gemacht habe. Ich hatte mir aber vorher überlegt, ob ich in der Lage bin, diesen Job zu schaffen. Ich habe ihn übernommen und stehe dazu. Allerdings treffen mich dann öffentliche Behauptungen, der Bürgermeisterstuhl sei verwaist oder nur sporadisch besetzt, wie auch in Ihrer Zeitung, ganz besonders.

Wie koordinieren Sie Ihre Termine?

von Bressensdorf: Die Koordination übernimmt meine Sekretärin, Frau Kutzner, nach Absprache mit mir. Wenn Termine für meine Tätigkeit wichtig sind, nehme ich sie selbst wahr. Das gilt zum Beispiel auch für die Bürgermeisterrunde bei der Landrätin, die einmal im Monat stattfindet. Im Übrigen bin ich nicht sehr daran interessiert, in der Öffentlichkeit hervorzutreten, deshalb bespreche ich 14-tägig mit dem Bürgervorsteher, bei welchen Terminen er die Gemeinde repräsentiert.

Die FDP hat sich in den vergangenen Wochen offenbar auf Sie eingeschossen. Was halten Sie davon?

von Bressensdorf: Das stufe ich als Profilierungsversuche ein. Am Verhalten der FDP ist deutlich zu merken, dass Kommunalwahlen bevorstehen.

Welche aktuellen Probleme müssen in Henstedt-Ulzburg aktuell angepackt werden?

von Bressensdorf: Wir verhandeln derzeit mit einigen freien Trägern, die in Henstedt-Ulzburg Krippen und Kindergärten betreiben wollen. Wir sind im Gespräch mit dem Diakonischen Werk Altholstein, der Lebenshilfe Kaltenkirchen und dem SV Henstedt-Ulzburg. Sie sind schon weit gediehen, wir stehen kurz vor dem Abschluss von Verträgen.

Wie steht es mit den Plänen für die Bebauung des Wagenhuber-Geländes in Henstedt-Rhen?

von Bressensdorf: Die sind derzeit in den Händen von weiteren Sachverständigen.

Für den Bau des City Centers liegt immer noch keine Finanzierungsbestätigung der Bank vor. Beunruhigt Sie das?

von Bressensdorf: Überhaupt nicht. Ich gehe positiv an das Vorhaben heran. Vor einigen Tagen war ich mit am Nordgate-Stand bei der Gewerbeimmobilienmesse Expo Real in München und hatte Gelegenheit, mit dem Geschäftsführer der niederländischen Firma Ten Brinke, Albert Ten Brinke, die sich ja ebenfalls als Investor beteiligt, zu sprechen. Das macht einen sehr positiven Eindruck.

Was fehlt Ihrer Ansicht nach in Henstedt-Ulzburg? Was läuft falsch?

von Bressensdorf: Durch die Politik wird derzeit zu wenig positive Energie freigesetzt. In den Sitzungen herrscht ein rauer Ton, dabei könnten gerade die Politiker einiges dafür tun, um das Zusammengehörigkeitsgefühl in Henstedt-Ulzburg zu stärken.