Dobermann Titus startet mit Frauchen Ann-Kathrin Jasper bei der Europa-Meisterschaft der Schlittenhunde

Henstedt-Ulzburg. Ein Satz, und er hat den Metallkorb im Kofferraum des Kombis gegen Waldboden eingetauscht. Er zerrt an der Leine, tänzelt, hüpft, schickt immer wieder einen Blick hoch zu Frauchen. Wann darf ich endlich los? scheint Titus zu fragen. "Er will einfach nur rennen, das ist seine Welt", sagt Ann-Kathrin Jasper. Die 28-Jährige hat die pure Lauflust ihres Dobermanns kanalisiert, sie nutzt die Energie, die im schwarzen Rüden steckt für Hundeschlitten-Rennen. Und startet Anfang November bei der Europameisterschaft in Christianslust nahe Burg in Dithmarschen.

Allerdings anders als die Klassiker, die viele bei dem Wort vor Augen haben. Der herbstliche Tangstedter Forst ersetzt die weiße Weite Alaskas oder Skandinaviens, das Fahrrad den Schlitten. Aber auch sie nennt sich Musher wie die Männer und Frauen, die die Hundegespanne durch die Wildnis Nordamerikas, Finnlands oder Schwedens führen. Da sich der Schnee immer seltener blicken lässt, sind die Musher auf Rollen oder Räder umgestiegen.

Ann-Kathrin Jasper erst vor einem Jahr. "Ich habe gemerkt, dass Titus viel Bewegung braucht", sagt sie. In einer Hundeschule bekam sie den Tipp, ihn doch mal vor ein Fahrrad zu spannen. Das hat auf Anhieb geklappt. Kaum hatte der Dobermann das Spezialgeschirr um, startete er auch schon durch, obwohl die Rasse nicht gerade als Schlittenhund bekannt ist. "Das ist ideal. Titus rennt fünf Kilometer im Sprint, arbeitet sich eine knappe Viertelstunde aus und ist kaputt", sagt die Besitzerin, die zusammen mit ihrem Mann noch zwei weitere Hunde hat. Das erspart ihr stundenlange Spaziergänge - und ist ein Grund, warum diese nicht allzu aufwendige und alltagstaugliche Variante des Rennklassikers immer mehr Fans gewinnt. "Im Ausland ist das noch stärker verbreitet als hier, ist aber auch bei uns im Kommen", sagt Lars-Peter Lorenzen, Ehemann der Hundeschlitten-Fahrerin, der als Helfer und Beistand immer mit von der Partie ist.

Doch die Energie und der Wille des Tieres, Frauchen hinter sich herzuziehen, reichte nicht. "Bei dem Tempo muss der Hund gehorchen und machen, was ich will", sagt die Gespannführerin. Immerhin erreicht das Tandem Spitzengeschwindigkeiten von 30 Kilometern pro Stunde. Beim letzten Rennen hat es Titus samt Zusatzlast über eine Distanz von sechs Kilometern auf durchschnittlich 27 km/h gebracht - da könnten die weltbesten Mittel- und Langstreckenläufer aus Afrika nicht mithalten.

Die Hundebesitzerin hat mit ihrem Tier intensiv Kommandos geübt

Was so einfach klingt, bedeutet für Hunde viel Arbeit. Was ist, wenn eine läufige Hündin ablenkt, Titus mit anderen Hunden spielen und toben will oder ein Reh wittert? Er kann und darf nicht einfach stoppen oder den Weg verlassen. Das könnte bedeuten, dass Frauchen stürzt und sich verletzt. "Bis auf einmal bin ich bisher immer im Sattel geblieben", sagt die Pferdewirtin, die mit ihrem Energiebündel Kommandos geübt hat. Rechts, links, zieh und stopp lauten die Befehle, denen Titus inzwischen widerstandslos gehorcht. "Zwar beschleunigt er, wenn er ein Reh sieht, aber er bleibt auf dem Weg.

Bevor sie in Rennen starten durften, mussten die beiden in einem Seminar beweisen, dass sie ein funktionierendes Team sind und Titus den Ansagen seiner Gespannführerin folgt.

Doch nicht nur die Kommunikation muss stimmen. Die Rennverordnung schreibt auch technische Hilfsmittel vor, die Hund und Radfahrer schützen sollen. So ist die Leine fest am Rahmen montiert, eine sogenannte Bike-Antenne verhindert, dass die Leine in die Speichen kommt, und ein Notverschluss trennt Hund und Fahrer im Notfall in Sekundenschnelle. Außerdem ist die Leine mit einem Dämpfer ausgestattet. Er mindert den Ruck und die Belastung für den Hund, wenn er anzieht. Und natürlich trägt Ann-Kathrin Jasper einen Helm, wenn sie und Titus Tempo aufnehmen.

Hauptsächlich wird im Herbst und Winter trainiert, da ist es kühl

Hat sie manchmal Angst? "Nein, das ist alles eine Frage von Übung und Gewohnheit. Ich weiß, dass ich mich auf Titus verlassen kann", sagt die Frau, die nun intensiv für den großen Auftritt in Dithmarschen trainiert. Drei- bis viermal pro Woche hetzen die beiden durch den Tangstedter Forst. Herbst und Winter ist die Hauptsaison fürs Training. Da ist es schön kühl, bei mehr als 15 Grad fällt eine Extrembelastung flach. "Mehr als lockeres Laufen ist da nicht drin", sagt Ann-Kathrin Jasper. Auf der Sprintstrecke geht es vor allem darum, Kraft aufzubauen. Doch auch Distanzen von 15 Kilometer stehen auf dem Programm, um die Ausdauer zu verbessern.

Wie bei den Sportlern auf zwei Beinen, spielt auch bei den Hundeschlitten-Rennen das Umfeld eine enorme Rolle. Stopfen sich die Radprofis während der Tour de France schon morgens mit Spaghetti voll oder vertrauen der Kraft verbotener Substanzen, ist auch bei den Rennhunden die Ernährung ein großes Thema. Auch Titus wird mit einem High-Energy-Produkt gefüttert. Auch Doping-Kontrollen gehören zum Renngeschehen, übrigens auch für die Gespannführer.

Und natürlich der Ehrgeiz: Unter die ersten Zehn wollen Titus und Frauchen schon kommen. "Das geben die Zeiten durchaus her", sagt Ann-Kathrin Jaspers. Ein ehrgeiziges Ziel, schließlich haben 302 Teilnehmer gemeldet. Da bleibt nur, die Daumen zu drücken.