Der Wildpark Eekholt hat für 150.000 Euro ein neues, etwa 11.000 Quadratmeter großes Gehege für seine vier Wölfe gebaut. Förderverein hilft.

Pünktlich um 15 Uhr zur Eröffnung des neuen Wolfsgeheges steht die 83-jährige Theda Hatlapa ungeschützt im strömenden Regen. Zu stören scheint sie das nicht, sie nimmt es kaum wahr. Andere Dinge sind wichtiger, die Tiere haben ihre volle Aufmerksamkeit - wie immer. Diesmal ist es Lena, die älteste Wölfin des Wildparks, der Hatlapa mit einem dezent-träumerischen Lächeln beim Fressen zusieht.

Hin und wieder packt Lena einen Brocken des blutigen Rotwild-Fleisches, das ihr Wildpark-Mitarbeiterin Janine Kreis zuwirft, und bringt ihn nach hinten zu ihren Schützlingen. Alexander, Mascha und Janosch sind noch zu schüchtern, trauen sich bei der Fütterung nicht so recht in das Blickfeld der zahlreichen Schaulustigen. Sie warten lieber auf die Gaben der Rudelführerin, die mittlerweile liebevoll für die Welpen sorgt.

Die Rolle ist neu für Lena; die drei jungen Wölfe sind erst vor Kurzem, wenige Wochen nach ihrer Geburt, aus Süddeutschland in den Wildpark gebracht worden. Anfangs war die Skepsis der Fähe gegenüber den Neuankömmlingen groß. Als sie erstmals aus dem separaten, abgesperrten Teil des Freiluftgeheges in Lenas Revier entlassen wurden, "guckte Lena die Mitarbeiter zunächst irritiert an. Als wolle sie sagen: Was wollen die denn hier, ihr habt vergessen, die Tür zuzumachen", sagt Wolf von Schenck, Leiter des Wildparks.

Eric, der Bruder von Lena, musste im August eingeschläfert werden

Die Eingewöhnung von Alexander, Mascha und Janosch wurde zusätzlich durch die Trauer der Wölfin über den Tod von Eric erschwert. Der Bruder von Lena musste im August aufgrund einer weit fortgeschrittenen Krebserkrankung eingeschläfert werden. "Das war ein ganz trauriger Fall, aber wir wollten Eric nicht länger leiden lassen", sagt Wolf von Schenck. Schon nach wenigen Wochen legten die Wölfe aber ihre Skepsis ab, sodass sie für den großen Andrang bei der offiziellen Eröffnung des Geheges gewappnet waren.

Theda Hatlapa hat diese ersten Momente der Annäherung genau beobachtet. Woran Lena sich zunächst gewöhnen musste, ist für sie seit Jahren Normalität. 1970 gründete sie zusammen mit ihren inzwischen verstorbenen Ehemann Hans-Heinrich Hatlapa den Wildpark. Seine tierischen Bewohner sind für sie nicht weniger Wert als die Menschen, ein entsprechend inniges Verhältnis hat Hatlapa zu ihnen. Mit großmütterlichem Blick sorgt sie sich um das Wohlergehen der Tiere im Park: "Wenn es der Natur gut geht, geht es uns auch gut", sagt die Preisträgerin des B.A.U.M.-Umweltpreises. "Deshalb kann das neue Wolfsgehege gar nicht groß genug sein."

Laut EU-Richtlinie dürften in dem Gehege 200 Wölfe leben

In der Tat ist das neue Heim des frisch zusammengeführten Wolfsrudels ein Prachtstück; oder wie es der Vorsitzende des Fördervereins Klaus Martens umschreibt, "ein 5-Sterne-Hotel". 11.000 Quadratmeter ist die Luxusanlage groß, das entspricht etwa eineinhalb Fußballfeldern. Laut EU-Richtlinie könnten in einem so großen Gehege 200 Wölfe leben; in Eekholt sieht man das anders - hier sind es vier. "Wir bieten den Wölfen in unserem Ökosystem genau das, was sie in freier Wildbahn auch haben", sagt Theda Hatlapa. Für sie ist der Gedanke an ein solches Gedrängel im Gehege abwegig.

Über die Konstruktion des neuen Reviers haben sich die Verantwortlichen lange den Kopf zerbrochen. Wolfs- und zugleich besucherfreundlich sollte es sein, beides ist gelungen: Steht Rudelführerin Lena auf dem Dach der Wolfshöhle, können die Besucher ihr direkt in die dunklen Augen mit der hervorstechenden gelben Iris schauen. Das Gitter, welches das abgesenkte Gelände umzäunt, ist dabei für die Besucher nur etwas über einen Meter hoch, von der anderen Seite aus betrachtet allerdings wesentlich höher.

Neben der Wolfshöhle liegt ein kleiner Teich, in dem Wasserliebhaberin Lena gerne bis zum Hals badet. Um sich den Blicken der neugierigen Zweibeiner zu entziehen, können sich die noch scheuen Jungwölfe in ein Stück Wald zurückziehen. Lediglich der Bau eines Tunnels und eines großen Gebäudes auf der Besucherplattform wurden in der Planungsphase wegen zu hoher Kosten verworfen.

Der Förderverein des Wildparks hat das Geld bereitgestellt

Insgesamt verschlang das Projekt die stolze Summe von 150.000 Euro. Bereitgestellt wurde das Geld vom Förderverein des Parks, der von einer ungewöhnlichen Spende profitierte. Der Geldsegen stammt aus dem Verkauf eines Hauses, das der Park völlig unerwartet erbte. Die verstorbene Besitzerin war mit ihrem Sohn nur einmal im Wildpark und das vor immerhin 20 Jahren. Dennoch war sie so begeistert, dass sie den Förderverein als Erben einsetzte - an ihren Kindern vorbei. "Die Mutter habe sich schon immer mehr aus Tieren als aus Menschen gemacht, führt der Sohn als Begründung an. Für die Mitarbeiter des Parks ist der Geldsegen ein Grund zum Feiern. "Die Bedingungen für das Rudel sind jetzt relativ nah dran am echten Leben", sagt Wolf von Schenck mit der ihm eigenen Begeisterung.

In freier Wildbahn fressen die Wölfe aber nicht nur rund das Doppelte der zwei Kilogramm an Fleisch, die sie täglich im Wildpark bekommen - sie sind auch noch scheuer. "Hier bekommen die Wölfe von uns nur Positives: Wir füttern sie, machen sauber und pflegen sie", sagt Wolf von Schenck. "Trotzdem halten sie immer größtmögliche Distanz zu uns." In der Natur bekommen Menschen Wölfe so gut wie nie zu Gesicht. Sie wittern uns schon aus zwei Kilometern Entfernung und gehen den Störenfrieden aus dem Weg. "Wenn das Tier schwanzwedelnd auf euch zugelaufen kommt, ist es ein Hund; wenn es wegläuft ein echter Wolf", erklärt Janine Kreis den begeistert lauschenden Kindern.

Seit Juni ist im Landkreis Segeberg ein Wolf unterwegs

Wie scheu ein Wolf wirklich ist, erleben die Segeberger derzeit mit. Seit Juni hält sich im westlichen Teil des Landkreises wieder ein freilaufender Wolf auf. In den 200 Jahren zuvor wurden im Norden keine Wölfe gesichtet. Abgesehen von einigen wenigen Bürgern, die ihn gesehen haben wollen, macht er sich derzeit rar. Die Experten um Wolf von Schenck aus dem Wildpark in Eekholt, der gleichzeitig auch Wolfsinformationszentrum ist, sind ihm dennoch auf der Spur.

Für Theda Hatlapa ist der große Einsatz ganz selbstverständlich

Durch ihre selbstauslösenden Kameras werden sie immer wieder über seinen derzeitigen Aufenthaltsort informiert. Zuletzt tappte der Wolf am 8. September in eine Fotofalle. Für Wolf von Schenck ein deutlicher Hinweis darauf, dass er hier tatsächlich heimisch werden könnte. Zunächst hatten die Experten befürchtet, dass er relativ schnell wieder weiterziehen könnte; immerhin legt er in nur einer Nacht bis zu 50 Kilometer zurück.

Nicht nur für die Arbeit als Wolfsinformationszentrum, sondern auch für das so liebevoll und großzügig gestaltete neue Gehege lobte Bornhöveds Bürgermeister Torsten Klinger den Wildpark Eekholt überschwänglich.

Für Theda Hatlapa ist der große Einsatz selbstverständlich. Nach dem Tod ihres Mannes führt sie die Anlage in seinem Sinne weiter, den Blick immer auf das Wohlergehen der Tiere gerichtet: "Wir sind kein Tierpark, sondern ein Wildpark. Wir machen keine Shows, sondern Fütterungen. Es ist unsere Pflicht, unsere Möglichkeit für die Natur einzusetzen und hier nicht Golf zu spielen."

Lena, Alexander, Mascha und Janosch profitieren von dieser Philosophie am meisten. Sie haben jetzt fast so viel Raum zum Herumtollen und Verstecken wie in der freien Wildbahn.