Am kommenden Sonnabend ist der Tag des Erzengels Michael. Man kennt ihn von vielen Abbildungen, auf denen er mit einem Speer den Drachen tötet. Der Drache steht wohl für das Unheimliche, das Untergründige, das Böse - auch Teufel oder Satan genannt. Nun aber sagt die biblische Geschichte im Buch der Offenbarung 12, 7-12, dass Michael den Drachen aus dem Himmelreich nur vertrieben, nicht getötet hat - und der Drache auf die Erde gestürzt ist und hier weiter sein Unwesen treibt.

Die Alten haben sich es sich nicht anders vorstellen können: Es muss eine fremde Macht sein, die die Herzen und Gedanken der Menschen verdreht und sie zu Mord, Gewalt und Folter in tausendfacher Form treibt. Wir glauben heute nicht mehr an den Teufel, aber wir nennen böse Menschen teuflisch. Das heißt, der Mensch selbst kann teuflisch sein. Und solche Menschen möchte man manchmal "unmenschlich" nennen; man möchte sie aus dem Geschlecht der Menschen ausklammern. Aber, das ist nicht korrekt. Im Menschen selbst ist die Möglichkeit vorhanden, teuflisch zu sein. Teuflisch sein ist also auch menschlich. Natürlich kann der Mensch auch fromm, gut und hilfsbereit sein - er kann eben beides.

Michael ist zu einem Schutzengel geworden. In der Vorstellung des Schutzengels nimmt man immer noch an, dass ein Engel mit Schild und Schwert uns vor den Gefahren von außen beschützen soll. Aber wenn das Teuflische zum Menschen gehört, dann hat der Engel doch eher die Aufgabe, uns vor uns selbst zu schützen; uns davor zu schützen, nicht ins Teuflische zu fallen und nicht etwa zum psychischen oder physischen Gewalttäter zu werden. Und wenn es denn ein Engel war, der dabei geholfen hat, dann sei dem Engel gedankt.

Horst Kämpfer ist Pastoralpsychologe im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein