Die Telefonaktion zum neuen Patientenrechte-Gesetz mit einer Norderstedter Medizinrecht-Anwältin

Norderstedt. Die Norderstedter Medizinrecht-Anwältin S.C. Melanie Holthus stand am Mittwoch am Leser-Telefon der Regionalausgabe Norderstedt des Hamburger Abendblatts den Lesern zur Verfügung. Thema war das neue Patientenrechte-Gesetz, das 2013 in Kraft tritt und für den "Dialog auf Augenhöhe" zwischen Patient und Arzt sorgen soll.

"Tatsächlich gibt es viel Kritik an dem Gesetz. Und die Bürger haben viele Fragen, wie sie ihre Rechte gegenüber dem Arzt geltend machen können", sagt Holthus, die sich seit über einem Jahrzehnt auf Fälle im Bereich der Arzthaftung spezialisiert hat.

Wir haben die Fragen unserer Leser dokumentiert. Sie werden hier anonymisiert dargestellt, aus Rücksicht auf die persönlichen Daten.

"Seit einer Operation am Grauen Star habe ich eine Sichtbehinderung, wie ein Balken vor dem Auge. Ich vermute einen Kunstfehler des behandelnden Arztes. Ich brauche jetzt meine Patientenakte zur Einsicht."

Rechtsanwältin S.C. Melanie Holthus:

"Die Akte können sie ohne Angabe von Gründen anfordern - auch wenn die Ärzte misstrauisch werden und nachfragen. Es können Kosten für Kopien anfallen. In einer Klinik können sie die Akte gleich im Archiv einfordern. Dieses Recht steht Ihnen schon jetzt zu, das ist keine Neuerung im neuen Gesetz.

"Ich habe seit Jahren Probleme mit meinem Rücken. Die Ärztin will mir jetzt aus Budget-Gründen keine Überweisungen mehr ausstellen."

Holthus:

"Die Ärzte sind an ihre Budgets gebunden. Wenn aber die Krankenkassen über Anträge auf Leistungen in Zukunft nicht nach einer gewissen Frist entscheiden, müssen die Kosten der Behandlung übernommen werden.

"Muss der Arzt nach dem neuen Gesetz beweisen, dass meine Gesundheitsschäden auf seinen Ärztepfusch zurückzuführen sind?"

Holthus:

"Der Arzt muss jetzt beweisen, dass der Gesundheitsschaden auch eingetreten wäre, wenn ihm keine Versäumnisse anzulasten sind. Dies ist dann der Fall, wenn der Arzt einen groben Behandlungsfehler begangen hat, also eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsmethoden oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen hat. Viele Arzthaftungsprozesse drehen sich um diese Frage.

"Unterstützt mich meine Krankenkasse, wenn ich Opfer eines Behandlungsfehlers geworden bin?"

Holthus:

Grundsätzlich ja. Nach dem neuen Gesetz müssen Krankenkassen beispielsweise mit einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst den Patienten unterstützen. Sämtliche großen Kassen haben Anlaufstellen mit geschulten Sachbearbeitern dafür. Kleine Krankenkassen und private Krankenkassen bieten das leider nicht an. Die müssen jetzt umdenken.

"Mein Arzt hat mir an den Kopf geschleudert, dass ich Krebs habe und eine Broschüre in die Hand gedrückt - muss ich mich von diesem Arzt weiter behandeln lassen?"

Holthus:

Ein gestörtes Vertrauensverhältnis ist ein wichtiger Grund, innerhalb eines Quartals oder während der laufenden Behandlung den Arzt zu wechseln.

Das neue Gesetz verpflichtet aber jeden Arzt, seine Patienten umfassend und verständlich über die Diagnose und die Therapie und mögliche Risiken aufzuklären. Die Aufklärung kann keinesfalls durch eine Broschüre erfolgen. Das muss im Vier-Augen-Gespräch passieren, damit der Patient auch Fragen stellen kann.