Bei Verstößen werden die Telefone eingezogen, auch mal bis zum nächsten Morgen. Viele Schüler wünschen sich separate Handyzonen.

Norderstedt. Handyentzug, Kuchen backen und Gespräch mit dem Schulleiter - Strafen, die auf die Benutzung von Handys auf dem Schulgelände stehen. Auch dieses Schuljahr muss und wird wieder darüber diskutiert, ob und wie Mobiltelefone in Schulen benutzt werden dürfen. Durch Happy Slapping, bei dem Jugendliche einen Schüler attackieren, die Aktion mit dem Handy filmen und ins Internet stellen, und Internet-Mobbing entstehen Probleme, die von den Schulen gelöst werden müssen. Während deutschlandweit ein grundsätzliches Handyverbot an den Schulen besteht, beginnen einige Schulen, das Verbot zu lockern und Handyzonen einzuführen oder den Oberstufenschülern die Benutzung ihrer Geräte zu erlauben.

Nicht so jedoch die Norderstedter Schulen. Hier herrscht weiter strenges Nutzungsverbot. "Die Geräte müssen komplett ausgeschaltet sein, nicht auf Flight-Modus oder leise", sagt Gerhard Frische, Schulleiter des Gymnasiums Harksheide. "Und das funktioniert, mit gelegentlichen Brüchen." Klingelt das Handy eines Schülers doch mal, wird es sofort vom Lehrer eingesammelt und an Frische weitergegeben. Der wartet dann am Ende des Schultages auf den Schüler und bespricht das Thema mit ihm. "Es kommt selten vor, dass das Handy eines Schülers zweimal bei mir landet. Und beim zweiten Mal müssen es dann die Eltern abholen", sagt er. Diese Regelung besteht seit zwei Jahren und funktioniert. Im September wird sich ein schulischer Ausschuss mit dem ergänzenden Thema iPad und Ähnlichem auseinandersetzen. "In meinen Augen ist es gut, dass die Schule die reale Welt darstellt", sagt Frische, der eine Lockerung des Handyverbots nicht kommen sieht.

Handys sind eine Riesengefahr, weil Bilder im Internet auftauchen können

Barbara Schirrmacher, Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Harksheide, geht ebenfalls davon aus, dass das von der Hausordnung vorgeschriebene Handyverbot bleibt. "Handys stellen eine Riesengefahr dar, wenn Schüler damit in der Lage sind, Fotos und Videos zu machen und diese im Internet hoch zu laden", sagt sie. Taucht doch mal ein Handy auf, wird es eingesammelt und kann am Ende des Schultages wieder abgeholt werden. Zugleich kümmert sich die Schule darum, den Umgang mit neuen Medien zu lehren. "Wir haben Mini-Tabletts angeschafft und betreiben eine intensive Medienerziehung. Gemeinsam mit den Eltern haben wir aber beschlossen, diese nicht auf die privaten Handys auszuweiten", sagt Schirrmacher.

In der Grundschule Lütjenmoor gibt es das Handyproblem nicht. "Handys sind zwar nicht verboten, aber in der Regel haben die Kinder noch keins", sagt Schulleiter Günter Meeder. "Ausnahmen sprechen die Eltern mit mir ab. Auf dem Gelände bleibt das Handy aber normalerweise ausgeschaltet."

Nicht alle Schulleiter sehen das Thema so ernst

Heike Schlesselmann, Schulleiterin des Coppernicus Gymnasiums in Norderstedt, sieht das Thema Handy auf dem Schulgelände nicht so streng wie ihre Kollegen. Trotzdem müssen die Handys auf dem Schulgelände ebenfalls ausgeschaltet bleiben. "Wird ein Handy entdeckt, ist die Reaktion unterschiedlich", sagt sie. Die Strafen reichen von Verwarnung bis zum Handyentzug bis zum nächsten Morgen.

Masoud Azizieh, Lehrer für Philosophie und Wirtschaft/Politik am Coppernicus-Gymnasium, befürwortet ein striktes Handyverbot. "Die Schule ist ein Raum, in dem Schüler lernen können. Ich habe die Befürchtung, dass Gelerntes verschwindet, wenn die Schüler sich gleich nach dem Unterricht nur noch auf ihr Handy konzentrieren", sagt er. Sieht er ein Handy, sammelt er dies bis zum nächsten Tag ein. "Wir haben hier ein Telefon, von dem aus man telefonieren kann, falls mal etwas ist. In anderen deutschen Schulen gibt es komplette Handyverbote. Dort sterben die Schüler auch nicht."

"Wir müssen eine Lösung finden, in dem wir gemeinsam darüber reden"

Seine Kollegin Susanne Dähn ist anderer Meinung. "Ich habe Verständnis dafür, dass Schüler ein Handy dabei haben, falls mal etwas ist", sagt die Deutschlehrerin. Ein Problem sieht sie vor allem in der Handhabung: "Ein Handy ist heute schließlich nicht mehr nur ein Telefon. Es ist ein Multimedia-Gerät mit verschiedenen Funktionen." Die Schule betrachtet sie als Chance, die Schüler zu einem vernünftigen Umgang mit Handys zu erziehen. "Wir müssen eine gemeinsame Lösung finden, in dem wir auch gemeinsam darüber reden", sagt sie.

Für die Schüler ist klar, dass sie nicht komplett auf ihr Handy verzichten wollen. "Ohne Facebook ist man von der Welt abgeschottet", sagt Celvin Metz. Der 16-Jährige und sein gleichaltriger Freund Jonas Barmbrock gehen in die 11. Klasse des Gymnasiums und nutzen ihr Handy vor allem, um sich über Facebook und WhatsApp über ihre Freunde zu informieren.

"Wenn jemand sein Facebook-Profil aus Protest löscht, ist er in wenigen Tagen doch wieder dabei. Facebook macht einfach vieles leichter. Wir haben zum Beispiel eine Gruppe, in die wir Zettel reinstellen können, wenn man mal seine Unterlagen in der Schule vergessen hat", sagt Jonas. Doch gerade die Kommunikation mit elektronischen Geräten ist das, was die Lehrer besorgt beobachten.

"Die Frage ist, ob noch ein echtes Gespräch, in dem man aufeinander reagiert, stattfindet", sagt Susanne Dähn. "Auch wenn wir nebeneinander sitzen und beide unsere Handys benutzen, unterhalten wir uns trotzdem. Dann reden wir zum Beispiel darüber, was andere bei Facebook gepostet haben", entgegnen Jonas und Celvin.

Auch wenn es für sie wichtig ist, während der Schulzeit auf dem Laufenden zu bleiben, sehen sie ein, dass sie das Handy während des Unterrichts nicht brauchen. "Eigentlich ist Unterricht nicht so langweilig, dass wir da mit dem Handy spielen", sagen sie.

Trotz Handyverbot passiert es eigentlich jeden Tag, dass ein Handy klingelt. Masoud Azizieh gibt der Uneinigkeit unter den Lehrern die Schuld daran. "Alle Lehrer müssten an einem Strang ziehen", sagt er. "Wir tun so, als sei das Handy ein Grundrecht. Aufgabe der Schule ist es, die Schüler zu mündigen Bürgern zu erziehen."

Susanne Dähn hingegen sieht schon hier einen Kritikpunkt. "Wir können die Schüler nicht zu mündigen Bürgern erziehen, wenn wir sie auf der anderen Seite gängeln und ihnen vorschreiben, was sie dürfen und was nicht", sagt sie.

Als Lösung aus Schülersicht schlägt Jonas eine Handyecke vor. "Warum können wir keine Handyecke einführen? Wir haben hier eine Sofa-Ecke, in der ein Lehrer aufpassen könnte, dass etwas wie Happy Slapping nicht vorkommt. Da könnte man hingehen, kurz seine Nachrichten checken und dann wieder gehen." Celvin stimmt dem zu und ergänzt: "Ein striktes Verbot bringt nichts. Wir machen es ja trotzdem."