700 Kinder haben von Mai bis jetzt im Stadtpark Tiere aus Lehm gebaut, Pinsel aus Weidenruten gebastelt und mit Naturfarben gemalt

Norderstedt. Hose und Hände verraten sofort: Oskar hat keine Angst vor Schmutz, Matsch oder Lehm. Er gehört zu den Jungen und Mädchen, die die Riesenraupe aus dem gelblich-braunen Baustoff formen und die Saison beenden. Seit dem Wochenende hat die Kunstwerkstatt Natur geschlossen. Seit Mai haben rund 700 Kinder im Norderstedter Stadtpark Tiere aus Lehm gebaut.

Werkstatt-Leiterin Doris Hiller ist zufrieden und zeigt auf Pferde, Esel, Vogel und die tierischen Kollegen, die als Skulpturen vor der Kunstwerkstatt stehen und als Kinderkunst den Norderstedter Stadtpark bereichern. "Kinder haben eine ganz andere Sichtweise, viel weniger rational als Erwachsene. Sie gehen nicht danach, ob sich ihre Objekte mit der Wirklichkeit decken, suchen nicht nach dem Sinn", sagt Hiller, die immer darauf achten muss, dass die Lehmtiere stabil stehen.

Damit sich niemand auf den Daumen haut, greift sie selbst zum Vorschlaghammer, um die Weidenruten im Boden zu verankern. Stroh, Heu und Weidenäste dienen als Gerüst für den Lehm, den die Jungen und Mädchen unter Anleitung fachkundig anrühren und dann mit Kelle und Händen auf der Unterkonstruktion verteilen. Doch nicht immer finden die jungen Baumeister auf Anhieb Gefallen am Lehmbau. "Es kam immer mal wieder vor, dass Kinder nicht mitmachen wollten, weil sie den Kontakt mit Wasser und dem glitschigen Baustoff scheuten", sagte Doris Hiller. Die elektronische Revolution schränke das Spielen in der Natur ein. Wenn sie allerdings sehe, wie ein Vater sofort zurückweicht, sich den Mini-Fleck von der Hose reibt und seinem Sohn vorwirft, er habe ihn schmutzig gemacht, wundere sie sich nicht über die Abneigung mancher Kinder.

Umso wichtiger sei es gegenzusteuern. Das gelingt Doris Hiller und ihrem Team allerdings nicht nur mit den Mitmach-Angeboten für jedermann. Regelmäßig sind auch Schulklassen zu Gast in der Naturwerkstatt. Dann steht Stationsarbeit auf dem Stundenplan. Die Grundschüler stellen Naturfarben und Pinsel selbst her. Mit Steinen zerbröseln sie Tonscherben, mit einem Hammer schlagen sie so lange auf eine Weidenrute ein, bis sie am Ende zerfasert und zu einem Naturpinsel wird.

Nun müssen die Lehmtiere winter- und wetterfest gemacht werden. Im nächsten Jahr öffnet die Naturwerkstatt wieder - und ist hoffentlich leichter zu finden: Doris Hiller wünscht sich, dass schon am Eingang zum Stadtpark Hinweisschilder auf das Projekt aufgestellt werden.