Norderstedt. Sie hatte sich so gefreut. Doch nur wenige Monate nach der Geburt ihrer Tochter mußte Marina Dunst erleben, wie diese zunehmend mehr blutige und wunde Stellen am Körper bekam. Ob an der Stirn und am Kinn, an den Händen und Füßen, an Knien und an Ellenbeugen - die Neurodermitis hatte das Kind fest im Griff. Ähnlich ging es Susanne Behrens und ihrem Sohn. Auch sein Körper wurde von mehr und mehr juckenden Stellen befallen, ständig wollte er sich kratzen. "Wir waren an einem Punkt, an dem es überhaupt nicht mehr um die Freude am Kind ging, sondern immer nur um die Krankheit", berichtet Susanne Behrens.
Diese Zeiten sind vorbei. Die beiden Mütter haben einen Weg gefunden, ihren Kindern und damit auch sich selbst zu helfen. "Ich hatte das Glück, daß mir unser Arzt sofort empfahl, mich an Professor Stemmann zu wenden", erzählt Marina Dunst. Gemeinsam mit ihrer damals gerade mal ein halbes Jahr alten Tochter fuhr die Norderstedterin nach Gelsenkirchen, wo sie drei Wochen in der städtischen Kinderklinik verbracht haben. Unter der Anleitung des damaligen Leiters des Krankenhauses und heutigen Chefs der Abteilung für Psychosomatik, Ernst August Stemmann, wurden Mutter und Kind nach den Prinzipien des von Stemmann entwickelten, sogenannten Gelsenkirchener Verfahren behandelt.
Resultat: Sowohl bei der heute sieben Jahre alten Tochter von Marina Dunst als auch dem vierjährigen Sohn von Susanne Behrens sind nun keinerlei Anzeichen von Neurodermitis mehr erkennbar. Was ist passiert?
Das Gelsenkirchener Behandlungsverfahren geht davon aus, daß Neurodermitis durch eine bestimmte Art von Streß entstehen kann, in die der Betroffene bei einer Trennungssituation gerät. Das kann zum Beispiel bereits bei der Geburt vorkommen, aber etwa auch bei einem Wohnortwechsel, dem Verlust eines Elternteils oder der Geburt eines Geschwisterkindes. Mit Hilfe der gut sichtbaren Krankheit, so die Annahme, buhle das Kind unbewußt um besondere Aufmerksamkeit und Zuneigung - und bekommt diese dann im Regelfall auch.
"Das Problem ist, daß wir als Eltern nicht gewußt haben, daß unser gutgemeintes Verhalten die Krankheit sogar noch verstärkt", meint Susanne Behrens. Im Gegensatz zu vielen herkömmlichen Verfahren werden beim Gelsenkirchener Verfahren deshalb in erster Linie die Eltern und nicht etwa die Kinder behandelt. Es basiert im wesentlichen auf drei Komponenten: Erziehung, Ernährung und Entspannung. Gerade wegen der ersten beiden Punkte ist diese Methode keineswegs unumstritten. Immerhin dürfen die Betroffenen über einen längeren Zeitraum nur allergen- und säurearme Kost zu sich nehmen, um das Immunsystem zu entlasten. Und bei der Erziehung müssen die Eltern lernen, daß sich nicht ständig alles nach den Bedürfnissen des Kindes richten darf. Statt dessen sollen die Eltern es liebevoll, aber konsequent erziehen. Nach Auskunft der Gelsenkirchener Kinderklinik werden 80 Prozent aller Kinder mit Neurodermitis dank dieses Programms innerhalb von zwei Jahren geheilt.
Die Kinder von Marina Dunst und Susanne Behrens jedenfalls haben von diesem Verfahren profitiert, und deshalb wollen ihre Mütter nun anderen Eltern helfen, die ebenfalls betroffene Söhne oder Töchter haben.
- INFO
Wer mehr über das Gelsenkirchener Verfahren wissen will, kann sich unter Telefon: 040/524 68 78 an Marina Dunst wenden. Am Dienstag, 5. April, hält Professor Stemmann zudem im Norderstedter Schulzentrum Süd (Poppenbüttler Straße 230) einen öffentlichen Vortrag.
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