Sie werden Ende Januar arbeitslos. Der Schokoladenhersteller strukturiert um, das Norderstedter Werk wird zum Pralinenzentrum.

Norderstedt. Im Mai hat sich angekündigt, was gestern Wirklichkeit wurde: 95 der rund 400 Mitarbeiter von Stollwerck in Norderstedt verlieren ihre Arbeitsplätze. Die Arbeitsverträge werden nach der Ostersaison auslaufen - das bedeutet aus Sicht des Schokoladenherstellers: Die ersten müssen Ende Januar 2013 gehen. Die Unternehmensleitung hat die Beschäftigten gestern in drei Betriebsversammlungen vom geplanten Stellenabbau informiert. "Mehr war für uns einfach nicht rauszuholen", sagt Claudia Tiedge, zuständige Sekretärin bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).

Gemeinsam mit dem Betriebsrat habe sie versucht, mehr Jobs im Norderstedter Werk zu erhalten. "Wir haben unzählige Gespräche geführt und versucht zu retten, was zu retten ist", sagte die Gewerkschaftssekretärin. Ein Minimalerfolg ist dabei herausgesprungen: Ursprünglich sollten, so Claudia Tiedge, 120 Jobs wegfallen.

Stollwerck gehört seit 2011 zur belgischen Baronie-Gruppe

Grund für den Stellenabbau ist die Umstrukturierung im Unternehmen, das seit Oktober 2011 zu der belgischen Baronie-Gruppe gehört. Die Vorgaben kommen jetzt aus Veurne in Belgien und nicht mehr vom Stammwerk in Köln. "Ein konsequenter Schritt in der fokussierten Ausrichtung von Stollwerck ist, die Kernkompetenzen der einzelnen Werke noch weiter auszubauen und zu vertiefen", hatte Jean-Marie van Logtestijn, Sprecher und Geschäftsführer der Baronie-Gruppe, im Mai gesagt, als die Angst unter den Mitarbeitern um ihre Existenz in der Norderstedter Produktionsstätte im Gewerbegebiet Harkshörn umging. Damals war intern sogar noch vom Verlust von 200 oder 300 Arbeitsplätzen die Rede.

Die Betriebsstätte an der Straße Am Stammgleis soll zum Kompetenzzentrum für Pralinen werden. Schon bisher ist das Werk darauf ausgerichtet, allerdings nicht ausschließlich. Insgesamt fertigen die Mitarbeiter im Norderstedter Werk pro Jahr 12 000 Tonnen Pralinen, Dragees und Tafeln Schokolade. 2011 wurde die Produktion um sechs Prozent gesteigert. Auch in das neue Jahr ist das Norderstedter Werk gut gestartet, hatte Geschäftsführer Schoeller noch im März versichert. Er will neue Produkte im Pralinenbereich entwickeln.

Die Vorgaben sind ganz klar und Trüffel nicht vorgesehen

"Wir haben versucht durchzusetzen, dass auch Trüffel in Norderstedt hergestellt werden, aber vergeblich. Die Vorgaben sind ganz klar und Trüffel nicht vorgesehen", sagte Gewerkschaftssekretärin Tiedge. Die sollen in Saalfeld produziert werden, der Standort mit 540 Mitarbeitern wird zum Kompetenzzentrum für Tafeln, Trüffel, Saison- und Spezialitätenerzeugnisse. Die Produktion von Tafelschokolade und Dragees wird ins Berliner Stollwerck-Werk mit rund 330 Beschäftigten verlagert.

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Des Weiteren sehen die Pläne vor, dass jedes Werk eine eigene Abteilung für Forschung, Entwicklung und Qualitätssicherung bekommt. "Im Rahmen der Umstrukturierung ist es auch denkbar, dass Norderstedter Mitarbeiter in andere Werke wechseln und Beschäftigte von dort nach Norderstedt kommen", hatte Unternehmenssprecher Jan Zuther im Frühjahr gesagt. Doch das wird zumindest für 95 Mitarbeiter nicht zutreffen. Sie werden definitiv Anfang des nächsten Jahres arbeitslos. "Für die anderen Beschäftigten haben wir aber erreicht, dass betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden", sagte die NGG-Sprecherin. Der Sozialplan gelte bis 2013. Der Verlust des Arbeitsplatzes, der auch viele Familien mit Kindern treffe, werde durch einen Härtefonds etwas abgefedert. Aus diesem Fonds bekommen die Betroffenen zusätzlich zur Abfindung Geld.

Wie es dann weitergeht, ist noch unklar. Mitarbeiter der Agentur für Arbeit werden ins Werk kommen und mit denjenigen, die ihren Arbeitsplatz verlieren, nach Alternativen suchen. Vom örtlichen Betriebsrat war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Die Unternehmensleitung bestätigte den Stellenabbau.