Norderstedt will zentrale Anlaufstelle für ältere Menschen einrichten. Organisationen sollen in Zukunft besser vernetzt werden.

Norderstedt. Vor gut einem halben Jahr hat Wolfgang Banse sein neues Büro im Norderstedter Rathaus bezogen. Stärker noch als zuvor investiert der pensionierte Jugendsachbearbeiter der Polizei seitdem seine Zeit in die Arbeit mit Jugendlichen. Als zentrale Anlaufstelle kümmert er sich nun mit seiner "Helpline" um die großen und kleinen Probleme der Jugendlichen.

Was es für Jung bereits gibt, soll es in Norderstedt auch bald für Alt geben. Eine zentrale Anlaufstelle soll alle bestehenden Angebote zusammenführen und den Norderstedter Senioren einen Überblick über die vielen Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung bieten. "Die älteren Menschen suchen heutzutage mehr denn je nach bestimmten Angeboten und wollen sich nicht mehr an einzelne Organisationen binden", sagt die Zweite Stadträtin, Anette Reinders.

Die bestehenden Organisationen sollen besser vernetzt werden

Zudem sollen alle bestehenden Senioren-Organisationen besser noch als bisher miteinander vernetzt werden. Die neue Anlaufstelle wird Senioren aber nicht nur helfen, passende Angebote zu finden. Auch fitte Rentner, die sich engagieren wollen, sollen jemanden bekommen, an den sie sich wenden können. Vorstellbar sind beispielsweise Vorlesestunden für Kinder oder Besuche bei pflegebedürftigen Menschen.

Noch gibt es allerdings keine Bewerber für den vakanten Posten. Optimal wäre für Reinders ein "echter Motor, jemand der antreibt". Als Beispiel führt sie ausgerechnet Wolfgang Banse an. "Der alleine ist ja ohnehin das größte Netzwerk, das wir in Norderstedt haben." Dass Banse den Posten neben seinen vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten auch noch übernimmt, ist allerdings nicht zu erwarten. Deshalb setzt die Stadt alle Hoffnungen auf eine Veranstaltung am 20. August. Im Rathaus soll dann - wohl aus den Reihen einer der vielen bestehenden Senioren-Organisationen - eine geeignete Person gefunden werden, oder zumindest eine Arbeitsgruppe gebildet werden. Ob der oder die Neue dann ehrenamtlich oder hauptamtlich tätig wird, lässt Reinders offen. "Das ist eine Frage des Geldes und damit auch eine politische Frage." Was aber wohl auf jeden Fall gebraucht werde, sei ein professioneller Koordinator für die diversen Ehrenämter in der Stadt.

Als politisches Ziel wurde die Idee für eine zentrale Anlaufstelle erstmals auf einem von der Bertelsmann-Stiftung finanzierten Workshop zum Thema der Seniorenpolitik im Mai formuliert. Bereits dort hatte sich spontan kein Projektleiter für die Idee begeistern können, sodass Reinders sich als Patin zur Verfügung gestellt hatte.

Überwiegend in den Kompetenzbereich des Ersten Stadtrates Thomas Bosse fällt dagegen der ebenfalls thematisierte Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Besonders älteren Menschen wird die Wohnung im Laufe der Jahre zu groß oder zu teuer. Bisher verläuft die Suche nach kleinen, günstigen Wohnungen in Norderstedt aber oft erfolglos. Schuld sind vor allem die hohen Grundstückspreise und die fehlende Förderung aus Kiel. Vom Land werden Wohnungsprojekte nur gefördert, wenn die Miete einen Quadratmeterpreis von 5,10 Euro nicht überschreitet. "Das ist natürlich in Nordfriesland viel öfter der Fall und leichter zu erreichen als in einer relativ großen Stadt am Stadtrand von Hamburg", sagt Anette Reinders. Das Problem hat sie dennoch erkannt. "Wir müssen da etwas tun". Kaum eine Woche vergeht ohne Gespräche zum Thema bezahlbares Wohnen.

Für Entspannung auf dem Wohnungsmarkt könnte die neue Koalition in Kiel sorgen. Die hat im Koalitionsvertrag eine Passage niedergeschrieben, die der Stadt helfen könnte. Auf Seite 52 wird dort die "Verlängerung des Wohnraumförderungsprogramms nach 2014 unter Berücksichtigung regionaler demografischer Entwicklungen" als Ziel genannt. Norderstedt könnte dann bei einer entsprechenden Einschätzung stärker gefördert werden. Anette Reinders würde es freuen: "Eigentlich müsste man die Metropolen fördern", sagt sie.

Das Thema drängt; auch weil bis zum Jahr 2018 von 2400 Wohnungen mit Mietpreisbindung nur 900 übrig bleiben werden. Das ist fatal, vor allem weil die Nachfrage zurzeit unaufhörlich steigt. Waren in der Vergangenheit noch große Wohnungen für Familien gefragt, leben zunehmend mehr Menschen allein oder zu zweit. Die Situation nur noch brisanter machen die in Norderstedt gesenkten Obergrenzen der Mietpreise für die Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern. Nach einer Studie des Unternehmens Analyse & Konzepte war der Bedarf neu ermittelt worden. Daraufhin wurden die Grenzwerte in fast allen Gebieten des Kreises angehoben und nur in Norderstedt gesenkt. Die rund 500 betroffenen Hartz-IV-Empfänger profitieren zwar dank eines Beschlusses der Politik von einem Bestandsschutz, für Neukunden allerdings gelten die geänderten Werte. Eine mögliche Lösung wäre, den Wohnungsbaugesellschaften neue frei finanzierte Wohnungen im Garstedter Dreieck zu ermöglichen und im Gegenzug Sozialwohnungen zu erhalten.

Das Projekt "Nachbarn für Nachbarn" soll es bald auch in Glashütte geben

Weiter fortgeschritten ist das Projekt "Netzwerk Norderstedt". Hier werden unter dem Motto "Nachbarn für Nachbarn" Senioren zusammengebracht und aus der Isolation geholt. Ob bei zu komplizierten Bankauszügen, anstrengenden Behördengängen oder der Freizeitgestaltung - bei allem hilft das Nachbarschaftsnetzwerk. Im Bereich rund um den Falkenkamp in Harckesheyde ist das Netzwerk bereits aktiv, ab August soll auch in Glashütte durchgestartet werden. Dort haben sich bereits zwei sogenannte Kümmerer gefunden, die das Projekt vor Ort leiten.

Ulrich Mildenberger, Initiator des Projekts, möchte das Nachbarschaftsnetzwerk auch auf die anderen Norderstedter Stadtteile ausdehnen. Ihm schweben bis zu zwölf solcher engmaschigen Nachbarschaftszentren vor, in der die Menschen sich näher kennenlernen und austauschen können. Neben weiteren Kümmerern benötigt er dafür vor allem Unterstützung von der Stadt Norderstedt. "Es muss Geld in zukunftsfähige Strukturen investiert werden. Wir brauchen Personal im Hintergrund und finanzielle Hilfe", sagt Mildenberger. Angst habe er nur vor Doppelstrukturen. "Ein Koordinator", sagt er "wäre genau das richtige." Ein Vorschlag, den Anette Reinders sicher gerne umsetzen würde.