Der 19 Jahre alte Wakendorfer reist am 1. September für ein Jahr mit dem Freiwilligendienst “weltwärts“ ins Reich der Mitte.

Wakendorf II. "Freundliche Leute, schlechte hygienische Umstände - das erwarte ich", sagt Jonas Jahnke. Am 1. September geht es für den 19 Jahre alten Abiturienten nach Yunnan, eine Provinz im Südwesten von China. Gemeinsam mit ihm machen sich 30 weitere Freiwillige über das Programm "weltwärts" auf den Weg in den fernen Osten, um für ein Jahr Englisch an Schulen zu lehren. "Uns wurde allerdings bereits gesagt, wir sollen keine Erwartungen haben, es komme sowieso alles anders", sagt er.

Organisiert wird dieses Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) vom Arbeiter-Samariter-Bund in Kiel. Jonas recherchierte im Internet und fand so das Angebot, für ein Jahr nach China zu gehen, woraufhin er sich sofort bewarb. Für China interessiert sich der Wakendorfer schon seit langem. "Ich weiß gar nicht mehr, wie das angefangen hat", sagt er. Die chinesische Kultur sowie das Land faszinieren ihn nun schon eine ganze Weile. "Ich habe viele Bücher über das Land gelesen und Filme gesehen. Sogar Dokumentationen waren dabei." Hauptsächlich waren es allerdings Kampfkunstfilme mit Jackie Chan und Jet Li, die er sich ansah. Die Filme mit diesen beiden asiatischen Schauspielern fand der 19-Jährige schon immer interessant. Seit dreieinhalb Jahren macht er nun selbst Kung-Fu in Norderstedt. Zur Vorbereitung auf seinen Auslandsaufenthalt machte er bereits einen Chinesisch-Einsteigerkursus an der Volkshochschule.

Weiter ging es dann mit einem zweiwöchigen Seminar, an dem die 31 zukünftigen Englischlehrer teilnehmen mussten. Im Mittelpunkt des Unterrichts stand dort das Erlernen von Chinesisch - vor allem das Sprechen. "Die Grundbegriffe kann ich jetzt", sagt der 19-Jährige, der bisher noch nie länger als drei Wochen im Ausland verbracht hat und noch nie in Asien war. Deswegen gab es zusätzlich zum Sprachunterricht auch Einweisungen in Landeskunde und Kultur. "Wir sollen dort nicht wie die Überheblichen aus dem Westen rüberkommen", sagt Jonas. Ziel ist es, sich an die einfachen Lebensverhältnisse anzupassen. "Vor allem beim Trinken muss man lernen, Nein zu sagen", sagt der 19-Jährige, dem jetzt auch die Esskultur der Chinesen näher gebracht wurde. "Selbst die ärmsten Familien laden dort Freunde zum Essen ein und suchen alles zusammen, was sie haben. Und anschließend wird dann auch gerne viel getrunken." Bei vielen der fremden Nahrungsmittel kann Jonas sich vorstellen, sie mal zu probieren. "Ich werde zwar nicht alles kosten wollen, aber eine Heuschrecke würde ich schon mal probieren", sagt er.

Seine Arbeitserfahrung als Lehrer beschränkt sich auf bisherige Experimente als Nachhilfelehrer. Sorgen macht sich der Abiturient allerdings keineswegs. "Ich war schon immer gut in Englisch", sagt er. Die Grundkenntnisse des Unterrichtens wurden jetzt im Seminar vermittelt.

Durch Spenden soll der Aufbau einer Schule finanziert werden

In der chinesischen Schule wird Jonas viel auf sich allein gestellt sein. Bisher gab es an der Grundschule, an der er unterrichten wird, einen Englischlehrer für 2000 Schüler. Gemeinsam mit einer weiteren FSJlerin ist es seine Aufgabe, den Fünft- und Sechstklässlern Englisch beizubringen. "Vor allem brauchen sie jemanden, der ihnen beibringt, Englisch zu sprechen", sagt der Wakendorfer, der einmal eine Sprachreise nach England gemacht hat. Der bisherige Unterricht bestehe vor allem aus Auswendiglernen und Abschreiben von der Tafel. "Die Lehrer in diesen Schule werden auf Provisionsbasis bezahlt, je nach dem wie viele Schüler die Prüfungen bestehen", sagt er, "dementsprechend ist das eigentliche Ziel der Lehrer nicht, die Kinder das Sprechen zu lehren, sondern sie durch die Prüfungen zu bringen. Deswegen können viele Schüler sich kaum auf Englisch verständigen."

Auch für die vielen Straßenkinder in Yunnan soll es in Zukunft die Möglichkeit auf Schulunterricht geben. Durch Spenden soll der Aufbau einer Schule finanziert werden, Paten aus Deutschland und China sollen das Schulgeld übernehmen. "In unserer Freizeit betreuen wir Projekte wie dieses", erzählt Jonas. "In unserer Freizeit" bedeutet außerhalb seines Unterrichtsplans. Diesen kennt er zwar noch nicht, aber er geht von sechs bis 15 Wochenstunden plus Vor- und Nachbereitung aus. Nach dem Unterricht werden die jungen Lehrer dann beispielsweise Hygieneartikelspenden in reicheren Städten Chinas sammeln, um sie in die armen Dörfer zu bringen. "Viele Kinder dort haben noch nie eine Zahnbürste gesehen - das wollen wir ändern", sagt er motiviert.

Jonas' Vater und sein Bruder planen, ihn in China zu besuchen

Das Programm "weltwärts" ist der Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Solange Jonas seinen Dienst nicht abbricht, muss er keine Kosten des Auslandsjahres selber tragen. "Ich bekomme Essens- und Wohngeld. Darüber hinaus noch ein Taschengeld von 100 Euro", sagt er.

1800 Euro Spenden sollte jeder der 31 Freiwilligen aus Deutschland im Voraus sammeln. Diese sollen der neuen Schule für Straßenkinder zugute kommen. "400 Euro habe ich schon geschafft. Das fehlende Geld ist zwar kein Ausschlusskriterium, aber es wäre schön, wenn sich noch ein paar Sponsoren melden würden", sagt der 19-Jährige. Das Programm der Regierung baut auf der Zusammenarbeit mit der chinesischen Regierung auf. "Ohne diese Zusammenarbeit könnten wir nichts machen", sagt Jonas.

Obwohl er sich keine Gedanken über Sprachbarrieren macht, ist es natürlich eine Herausforderung, ein Jahr weg von zu Hause zu sein. "Ich bin aber kein Typ, der Heimweh hat", sagt Jonas. Auch seine Mutter sieht seine zukünftige Abwesenheit ganz locker. "Ich freue mich für ihn, dass er jetzt die Möglichkeit dazu hat", sagt sie. Zwar kamen dem Abiturienten zwischen dem ersten Kennlernseminar im Frühjahr und dem Vorbereitungsseminar jetzt Zweifel, ob es das Richtige für ihn ist. Diese legten sich aber nach den zwei Wochen im Juli. "Das sind alles tolle Leute, mit denen ich gemeinsam gehe", sagt er jetzt. Darüber hinaus planen sein Vater und sein Bruder, ihn in China zu besuchen. Vielleicht können sie sich dann gemeinsam die Provinz ein wenig ansehen.

Wie es nach dem Auslandsjahr weitergehen soll, weiß Jonas auch schon. "Ich habe mich für ein Studium der Sinologie in Hamburg beworben; ob ich angenommen wurde, erfahre ich im August", sagt er. Das FSJ ermöglich es einem, sich schon ein Jahr im Voraus für einen Studienplatz zu bewerben. "Ich wollte aber unbedingt erst ein Jahr ins Ausland, bevor ich mit dem Studium anfange", sagt Jonas.

Knapp ein Monat bleibt Jonas noch in Wakendorf II. "Zum Abschied gehe ich zusammen mit meinen Freunden auf das Dockville-Festival. Das wird meine Abschiedsparty", sagt er.