Heute beginnen die Olympischen Spiele. Mit dem seit jeher gültigen Motto: "Schneller, höher, weiter!" Der Schnellste zu sein, der am höchsten Springende oder die am weitesten Werfende zu sein, ist und bleibt der Traum jeder Athletin, jedes Athleten. Und am besten nicht nur der Schnellste im aktuellen Wettkampf, sondern nach Möglichkeit der schnellste aller Zeiten. Schon merkwürdig, zumindest für das "normale" Verständnis, was Sportlerinnen und Sportler auf sich nehmen, um wenigstens dabei zu sein.

In der Bibel spielt der Sport bekanntermaßen keine besondere Rolle, und doch benutzt der Apostel Paulus in seinen Briefen bisweilen Bilder aus dem Wettkampfmilieu. So fordert er etwa von seinem Mitarbeiter Timotheus, einen "guten Kampf" zu kämpfen: Um den Glauben und ein gutes Gewissen zu gewinnen. Auch er selber kämpft diesen "guten Kampf", streckt sich dabei nach dem, was vor ihm liegt, "läuft auf das Ziel zu, um den Siegespreis zu bekommen". So schreibt er es an die Gemeinde in Philippi, wobei der von ihm mit aller Kraft angestrebte Siegespreis natürlich keine Goldmedaille ist, sondern die "Berufung zum ewigen Heil". Ähnlich wie Spitzensportler nimmt er dafür manches auf sich, "bezwingt seinen Leib und zähmt ihn" - das ganze Leben scheint ein Wettkampf oder die Vorbereitung auf einen solchen zu sein.

Es mag sein, dass zwischen einer Goldmedaille und der Berufung zum ewigen Heil ein - buchstäblich - himmelweiter Unterschied liegt. Zugleich bin ich sicher, dass das Erlebnis, auf dem olympischen Siegertreppchen zu stehen, dem Himmel auf Erden ziemlich nahe kommt. Und eines jedenfalls haben Paulus und moderne Spitzensportler gemeinsam: Sie richten ihr Leben auf ein Ziel aus. Sie haben sich eindeutig entschieden, tun alles, zumindest sehr viel, um ihr Ziel zu erreichen, verzichten dafür auch auf vieles.

Diese Eindeutigkeit im Lebensentwurf finde ich beeindruckend, widerspricht sie doch einer belanglosen Beliebigkeit, die lieber alles nimmt, was kommt, als etwa bewusst auf etwas zu verzichten. Zugleich finde ich diese unbeirrbare Eindeutigkeit auch etwas beängstigend: Wer so gradlinig auf ein einziges Ziel zusteuert, nimmt vielleicht all zu viel von dem, was links und rechts des Weges liegt, nicht wahr.

Wie ist das für Sie? Haben Sie sich für ein bestimmtes Ziel in ihrem Leben entschieden? Oder gilt der alte Satz "Der Weg ist das Ziel!"?

Christian Stehr ist Pastor der Kirchengemeinde Vicelin-Schalom