19-Jähriger Wahlstedter gibt Schläger-Karriere auf und zeigt sich reumütig. Verfahren wird eingestellt

Bad Segeberg. Wo geprügelt wurde, mischte Viktor S., 19, aus Wahlstedt immer gerne mit. So auch in den frühen Morgenstunden im Juli 2011 vor einer Segeberger Diskothek. Mehrere Männer waren in einen Streit verwickelt, bei dem es handfest zur Sache ging. Viktor S. kam dazu und schlug mit einem Regenschirm auf einen der Männer ein. Später bearbeitete er den Mann mit Fäusten so, dass sein Opfer ein blaues Auge, Kopf- und Magenschmerzen davon trug und wegen einer Schiene, die die obere Zahnreihe stützte, sechs Wochen lang nur von Brei leben musste.

Im Prozess vor dem Jugendschöffengericht in Bad Segeberg erklärte der Verteidiger, dass sein Mandant die Schläge einräume, er sei reumütig und selbstkritisch und gibt zu, dass es keine Notwehr war, die ihn zu den Schlägen trieb. Er habe sein Opfer nicht einmal gekannt, erklärte der Angeklagte.

Schon als Jugendlicher geriet der junge Mann oft mit dem Gesetz in Konflikt, meist durch Körperverletzungen. Die Strafverfahren wurden in der Regel wegen des jugendlichen Alters eingestellt. Im August 2011, also kurz nach dem jetzt verhandelten Fall, bekam Viktor S. erstmals die Härte des Gesetzes zu spüren: Wegen schwerer Körperverletzung verurteilte ihn Jugendrichter Wolfgang Niehaus zu einer Freiheitsstrafe. Fast wäre der Angeklagte im Gefängnis gelandet, aber der Richter drückte ein Auge zu und gab dem Wahlstedter eine Bewährungsfrist von einem Jahr, in der er ein Antiaggressionstraining und Gespräche bei der Suchtberatung absolvieren musste. Ein übermäßiger Alkoholkonsum spielte bei den Aggressionsanfällen immer eine Rolle.

Das Strafverfahren vom August letzten Jahres zeigte offensichtlich Wirkung: Der Angeklagte blieb bis heute straffrei, erfüllte alle Auflagen und ließ sich nichts mehr zuschulden kommen. Geändert hat sich für den jungen Mann auch das häusliche Umfeld. In der "Hochphase" seiner kriminellen Karriere, als er häufig die Fäuste spielen ließ, erlebte er in seiner Familie ständige Gewalt. Die Eltern stritten sich oft, auch mit körperlicher Gewalt. Inzwischen sind die Eltern getrennt, der Vater, ein russischer Spätaussiedler, zog nach Weißrussland zurück. Nach den Worten des Verteidigers fühlt sich der Angeklagte als männliches Oberhaupt für seine Mutter und die beiden Schwestern verantwortlich.

Er nahm eine Arbeit in einer Fabrik an und hat jetzt einen Schulplatz in Bad Segeberg, wo er eine kaufmännische Ausbildung und gleichzeitig die Fachhochschulreife anstrebt. Auch der Bewährungshelfer weiß nur Positives zu berichten. "So etwas erleben wir selten", meinte Richterin Silke Schneider und stimmte ebenso wie die Schöffen und der Staatsanwalt dem Vorschlag des Verteidigers zu, das Verfahren einzustellen. Viktor S. muss ein Jahr lang jeden Monat 50 Euro an das Opfer der Schirmattacke, bei dem er sich im Gerichtssaal entschuldigte, zahlen.