Seit 25 Jahren ist der Hamburger Schauspieler einer der Hauptakteure am Segeberger Kalkberg. Die Arena ist für ihn wie ein Wohnzimmer.

Bad Segeberg. Als Old Shatterhand ist er es gewohnt, jedes Hindernis aus dem Weg zu räumen. Im Privatleben funktioniert das manchmal nicht so gut. "Das war vielleicht eine Fahrt", sagt Joshy Peters und steht etwas abgekämpft am Eingang zur Hinterbühne. Die Sporttasche lässig über die Schulter gehängt. "Die B 432 ist gesperrt." Dem wackeren Wild-West-Helden geht es also nicht anders als anderen Autofahrern. Vielleicht hätte er sich aufs Pferd setzen sollen, um querfeldein von Hamburg nach Bad Segeberg zu kommen. Aber egal: Der sportliche Schauspieler hat es ja (fast) pünktlich geschafft, zum vereinbarten Interviewtermin in der kleinen Schauspieler-Kantine zu erscheinen.

+++ Er ist ein Indianer der ersten Stunde +++

Joshy Peters kennt den Betrieb und weiß, dass Hektik fehl am Platze ist

Lässig sitzt er da, braun gebrannt und munter. Eine knappe Stunde noch bis zur Aufführung, aber dem Hamburger Schauspieler ist keinerlei Aufregung anzumerken. Er kennt den Betrieb, er weiß, dass Hektik fehl am Platze ist.

Um ihn herum wuseln andere Darsteller und Komparsen, um sich mit Getränken zu versorgen. Am Nebentisch sitzen ein paar Kinder, er wird begrüßt, gefragt - Joshy Peters bleibt gelassen und lässt sich zu einigen Späßen hinreißen. Zum Brüllen komisch, wie er Detlev Buck imitiert, als der ihn telefonisch um Vorsprechen für den Film "Karniggels" bittet. Old Shatterhand kann also auch witzig sein.

Joshy Peters ist die Heidi Kabel der Karl-May-Spiele, hat mal ein Fan der Karl-May-Spiele formuliert. Das ist liebevoll gemeint, und so ist es irgendwie ja auch. Der Hamburger Schauspieler hat die Indianerspiele geprägt wie kaum ein anderer. Viele andere sind gekommen und gegangen, er ist geblieben und inzwischen eine der tragenden Säulen und Konstanten. Vor 25 Jahren begann seine Laufbahn in Bad Segeberg. Der aufstrebende Schauspieler, Absolvent der renommierten Hamburger Hochschule für Musik und Theater, wurde vom damaligen Intendanten Klaus-Hagen Latwesen als Old Shatterhand engagiert. Dann folgte eine Pause, weil Pierre Brice ihn als Blutsbruder nicht an seiner Seite haben wollte - gegen den alternden Winnetou-Darsteller wirkte der sportlich-durchtrainierte Joshy Peters zu jung.

+++ Das Karl-May-Plakat ist ein echter Hingucker +++

Erst als Pierre Brice ging, begann die große Zeit von Joshy Peters

Erst nach dem Abgang von Pierre Brice begann seine eigentliche Zeit am Kalkberg von Bad Segeberg: 1992 besetzte ihn Regisseur Sergiu Nicolaescu als Old Surehand. Neunmal Old Shatterhand, Old Surehand, kriegerischer Indianer, weißer Edelschurke, Winnetous Vater, Komiker und sogar Winnetous Mörder - alle Rollen hat der Hamburger hervorragend gespielt. Er hat sich zur Allzweckwaffe Karl Mays empor geschwungen.

Immer dabei, immer eine der Hauptrollen gespielt - aber immer auch im zweiten Glied. Die Gaststars stehen im Rampenlicht, der jeweilige Winnetou ist der Star. Joshy Peters, der an der Hochschule eigentlich Schlagzeug studieren wollte, dann aber zum Schauspiel umschwenkte, ist es gewohnt, nicht die ganze Aufmerksamkeit der Medien zu bekommen. Aber es macht ihm offenbar nicht viel aus. Es reicht ihm, wenn er merkt, dass er Publikumsliebling ist - und darüber hinaus natürlich auch eine gute Gage erhält.

Die Karl-May-Spiele sind für ihn ein wichtiges Standbein

"Lass dich doch mal zum Bürgermeister wählen", riet ihm in der vergangenen Saison ein Fan. Eigentlich nicht schlecht, der Gedanke. Dann hätte er etwas mehr finanzielle Sicherheit, was im Alter von 54 Jahren mit Familie, zu der die dreieinhalbjährigen Zwillinge gehören, wichtig ist. Die Karl-May-Spiele sind ein wichtiges Standbein für Joshy Peters, aber seine einzige Einnahmequelle sind sie nicht. In Bremen war er Theaterintendant, er ist "Station Voice" bei NDR Welle Nord, spricht Texte für TV-Dokumentationen und ergreift jede Chance, die ihm Fernsehen und Film bieten. Mit einem neuen Management im Rücken sind die Aussichten gut: Drei Rollen hat er in diesem Jahr bereits gespielt - darunter auch in einer internationalen Kinoproduktion. Weitere folgen. "Existenzangst habe ich aber noch fünfmal in der Woche", sagt Joshy Peters, der allerdings auch weiß, dass es immer weiter geht. Irgendwie. Diese Angst haben schließlich auch Kollegen, die prominenter sind als er.

+++ Kalkberg-Theater wurde zur Wüste +++

Manche Freundschaften fürs Leben wurden hier geschlossen

Die Kalkberg-Arena ist für ihn so etwas wie das Wohnzimmer. Joshy Peters genießt es, im Sommer hier spielen zu können. Manche Freundschaften fürs Leben hat er hier geschlossen. Zum Beispiel mit dem Kollegen Nico König, der in unterschiedlichen Rollen auch schon seit 20 Jahren am Kalkberg spielt. Oder zum Schauspieler Götz Otto, mit dem zusammen er das Theaterstück "Billy the Kid" geschrieben hat. Es hatte im vergangenen Jahr in Bremen Premiere, soll aber noch weiter aufgeführt werden. "Es wäre schade, wenn solch ein tolles Stück in der Versenkung verschwinden würde." Eigentlich hatte Detlev Buck Regie führen sollen, doch dessen Dreharbeiten in Asien hatten sich so verzögert, dass er nicht mehr rechtzeitig nach Bremen kommen konnte.

Gojko Mitic, den langjährigen Winnetou-Darsteller, hat Peters ins Herz geschlossen. Als der nach seiner Abdankung als Indianerhäuptling noch einmal seine alten Kollegen in Bad Segeberg besuchen kam, musste Peters vor Rührung weinen. "Er war ein sehr bescheidener Kollege, der sich nie aufgedrängt hat." Sein Verhältnis zu Erol Sander, dem jetzigen Winnetou, bezeichnet Joshy Peters als gut und "mehr als kollegial".

Körperlich fühlt sich Joshy Peters immer noch so wie vor 35 Jahren

Der Hamburger ist also gut aufgehoben bei den Karl-May-Spielen. Würde er sie denn jemals für andere Rollen verlassen? Joshy Peters muss nur kurz nachdenken: "Für eine Superrolle in einem großen Film ja, für eine Rolle in einer Piefke-Serie hingegen nicht." Körperlich fühlt sich Joshy Peters immer noch so wie vor 35 Jahren, sein einstiges "zügelloses Leben" hat er längst hinter sich gelassen, die nötigen Auszeiten nimmt er sich gelegentlich, um zu regenerieren. Zum ersten Mal hat er sich in diesem Jahr eine Ferienwohnung in Bad Segeberg genommen, um während der Saison wenigstens hin und wieder ausschlafen zu können. Die Zwillingsmädchen zu Hause nehmen am frühen Morgen schließlich keine Rücksicht darauf, dass ihr Papa nach der Vorstellung erst gegen Mitternacht abgekämpft nach Hause gekommen ist.