Drei Kinder in verwahrloster Wohnung entdeckt. Warum hat das Segeberger Jugendamt nicht früher gehandelt?

Bad Segeberg. Es waren katastrophale Zustände, die Polizeibeamte Mitte Juni vorfanden, als sie infolge eines Streits ein Einfamilienhaus am Bussardweg in Bad Segeberg betraten und inspizierten.

Drei Kinder - ein, drei und elf Jahre alt - lebten dort in einer verwahrlosten Umgebung. Es roch nach Kot und Urin, die Räumlichkeiten waren insgesamt sehr dreckig, und auch der Keller des Gebäudes wies Reste von Fäkalien auf. Das Jugendamt der Stadt Bad Segeberg handelte dann sofort und nahm die Kinder in seine Obhut; alle drei konnten mittlerweile in Pflegefamilien untergebracht werden.

Wie es weitergeht, mit welchen Konsequenzen vor allem die Eltern zu rechnen haben, ist zurzeit noch nicht absehbar. Fest steht aber, dass inzwischen zahlreiche Zeugenhinweise bei der Polizei in der Kreisstadt eingegangen sind, denen nun sorgfältig nachgegangen wird.

Auch die zuständige Staatsanwaltschaft Kiel ermittelt wegen des Verdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen sowie der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht. Nicht nur die bisher bekannten Indizien und die Aussagen etwa der Nachbarn spielen bei den Untersuchungen eine Rolle, auch die Aussagen der beiden Beschuldigten sind wichtig. Aber die Eltern wurden bisher noch nicht vernommen.

Drei Kinder waren der Familie bereits weggenommen worden

Doch wie "Segeberger Zeitung" und "Lübecker Nachrichten" berichteten, soll im Zuge der Ermittlungen auch die Arbeit der verantwortlichen Personen beim Segeberger Jugendamt untersucht werden. Denn es steht der Vorwurf im Raum, dass es bei der Behörde schwerwiegende Versäumnisse gegeben habe, die ein früheres Eingreifen verhindert hätten. Tatsächlich hatte das Amt bereits zu einem früheren Zeitpunkt drei andere Kinder aus der Familie geholt.

Es wird die Frage geklärt werden müssen, ob angesichts dieser bereits zuvor aktenkundigen Vorkommnisse die Eltern deutlich schärfer und häufiger hätten kontrolliert werden müssen. So soll beispielsweise die Gemeinschaftsschule im Schulzentrum das Amt darüber informiert haben, dass die elfjährige Tochter über einen längeren Zeitraum dem Unterricht fern geblieben war. Zudem wurde ein Kind der Familie offensichtlich ohne Gepäck auf eine mehrtägige Klassenreise geschickt.

Geklärt werden muss nun, wer wann informiert war und vor allem, wer möglicherweise früher hätte eingreifen müssen.

Wer genau die Verantwortung trägt, dazu will sich der zuständige Jugendhilfeausschuss nicht äußern. Doch so viel steht immerhin fest: Eine sozialpädagogische Fachkraft besuchte die Kinder regelmäßig und mehrfach pro Woche - rein quantitativ erscheint das zunächst ausreichend. Die Betreuerin hat jedoch offensichtlich nur den Wohnbereich zu Gesicht bekommen und dort offenbar keine beunruhigenden Auffälligkeiten festgestellt.

Nach der Sommerpause beschäftigt sich der Jugendhilfeausschuss mit dem Fall

Bei der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses nach der Sommerpause am Donnerstag, 6. September, wird der Fall "Bussardweg" die dringendste Angelegenheit sein. Dann soll ermittelt werden, wer ab welchem Zeitpunkt von den Zuständen wusste, welche Schritte wann eingeleitet und wo eventuell Fehler gemacht wurden. Bis dahin warten die Ausschussmitglieder zum einen eine interne Ermittlung beim Jugendamt und zum anderen die laufende Untersuchung von Polizei und Staatsanwaltschaft ab.