Die Spanierin Maria de los Angeles Moral Moral hat ihre Heimat verlassen, weil sie keine Arbeit fand. Jetzt macht sie ein Praktikum in Tangstedt.

Norderstedt. Es riecht nach Industrie, ölig, rußig und ein wenig nach Brackwasser. Auf der Elbinsel Veddel, direkt neben einem Gleisbett an der Müggenburger Straße und eingezwängt zwischen den Produktionsstätten der Aurubis-Kupferhütte, liegt die Baustelle. Maria de los Angeles Moral Moral, 26, trägt eine knallorangefarbene Arbeitsjacke mit Licht reflektierenden Streifen, damit sie nicht übersehen wird. Doch die Wahrscheinlichkeit ist eher gering. Unter den an allen Ecken und Enden hier werkelnden Bauarbeitern ist die junge spanische Ingenieurin die einzige Frau.

Ende Februar hatte das Abendblatt Maria de los Angeles Moral Moral zuletzt besucht. Und seither hat sich an den Gründen, warum sie in Deutschland bei der Firma Eggers mit Sitz in Tangstedt ein bezahltes Praktikum macht, nichts verändert. "Spanien ist kaputt", sagt die 26-Jährige aus Jaén, einer Stadt mit 117 000 Einwohnern in Andalusien. Sie liebt ihr Land, ihre Heimatstadt, selbstredend ihre Familie und ihre Freunde dort. Doch sie hat alles zurückgelassen. Für eine Chance auf ein eigenes Leben in Deutschland, in Hamburg und Norderstedt. In Spanien ist jeder vierte arbeitslos, bei jungen Menschen liegt die Arbeitslosenquote sogar bei über 50 Prozent.

Maria prüft Aufmaße, die Tagesberichte und Stundenzettel der Arbeiter

Auf der Veddel setzt Eggers die studierte Bauingenieurin in der Leitung der Baustelle für ein Schüttgut-Umschlaglager ein. Sie ist das Bindeglied zwischen Bauherr, Architekt und den Arbeitern vor Ort. Sie ist noch nicht soweit, hier komplett die Verantwortung zu übernehmen. Ihr Mentor, der Projektleiter Bernd Leder, der mehr als 40 Jahre Erfahrung bei Eggers hat, weicht nie von ihrer Seite. "Maria macht das alles hervorragend. Sie ist nie fordernd und immer zurückhaltend", sagt Leder. Er gibt ihr die Schulter, über die sie schauen darf. Die spanische Kollegin ist für Schreibkram zuständig, sie prüft Aufmaße in den Plänen, die Tagesberichte und Stundenzettel der Arbeiter, und sie kontrolliert Lieferscheine und zeichnet sie ab.

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Maria de los Angeles Moral Moral sagt, sie erlebe die Firma wie eine Familie, deren Teil sie langsam werde. Sie habe ein Eggers-Handy, ein Eggers-Auto und einen Eggers-Laptop. Sie startete beim HSH-Nordbank-Run mit dem Eggers-Team. Und auf ein kräftiges "Moin!" von einem Bauarbeiter auf der Baustelle antwortet sie mit einem spanisch gefärbten "Mo-In!" Sie hofft, dass es nach Ablauf des bezahlten Praktikums im August weitergeht.

Ihr Deutsch kommt noch in der spanischen Satzstellung daher. Aber sie versteht immer mehr und kann sich zunehmend ausdrücken. Dreimal in der Woche besucht sie einen Sprachkursus nach der Arbeit. Maria de los Angeles Moral Moral möchte mit Hochgeschwindigkeit so deutsch wie nötig werden. "Die Arbeit hier ist viel organisierter, und es werden auch insgesamt viel mehr Stunden gearbeitet als in Spanien", sagt sie über die Umstellung. Doch ihr gefällt das, denn sie habe mehr Freiheiten und dürfe sogar manchmal etwas entscheiden.

Das Heimweh nach Jaén ist da. Und die Sehnsucht nach Sonne. Die 26-Jährige trägt ein Tuch um den Hals, sie ist verschnupft und muss husten. Das Wetter in Norddeutschland setzt ihr zu. Bei einem Urlaub in der Heimat genoss sie die Hitze Andalusiens. Und sie brachte sich ein Stück Heimat mit nach Hamburg. Ihren Freund.

"Wir hatten das Auswandern nach Deutschland von Anfang an gemeinsam geplant", sagt Maria de los Angeles Moral Moral. Sie machte den Anfang mit ihrem Eggers-Praktikum, an das sie über das europäische Leonardo-da-Vinci-Austauschprogramm kam, das der Hamburger Träger Arbeit und Leben mit der Cámara de Comercio del Campo de Gibraltar vereinbart hatte. Bernd Leder nutzte seine Kontakte in Hamburg und vermittelte dem Freund von Maria ein Praktikum in einem Hamburger Ingenieurbüro.

Das spanische Ingenieurs-Pärchen wohnt jetzt bei der dänischen Gastfamilie in Eppendorf, bei der Maria des los Angeles Moral Moral seit Monaten lebt - in einer sehr großen Wohnung, in der Marias Freund problemlos mit einziehen durfte. Ein weiterer großer Schritt in eine deutsche Zukunft ist gemacht. "Wir genießen zusammen unsere Freizeit und haben schon viele spanische Freunde gefunden", sagt sie.

Bei Eggers hat Maria die spanische Ingenieurin Marina kennengelernt

Eine Freundin kommt ebenfalls aus der Eggers-Familie. Es war auf einer Firmenfeier der Eggers-Gruppe auf einer Barkasse im Hamburger Hafen. "Plötzlich stand Marina Martinez vor mir, und ich war völlig überrascht", sagt Maria de los Angeles Moral Moral. Marina Martinez, 25, Ingenieurin aus Cordoba, hat ebenfalls vor einem aussichtlosen Arbeitsmarkt in Spanien Reißaus genommen und ist für ein Praktikum bei Eggers untergekommen. Auf der Barkasse sahen sich die beiden Frauen das erste Mal. Seither tauschen sie sich über ihre Situation in Deutschland und bei Eggers regelmäßig aus. Marina Martinez wird in der Kampfmittelräumung von Eggers eingesetzt. Als Assistentin von Räumstellenleiter Tarik Özkan bekommt sie derzeit auf dem ehemaligen Gelände der Lettow-Vorbeck-Kaserne in Jenfeld ganz neue Einblicke in einen ihr bislang unbekannten Bereich ihres Berufes. Sie spricht noch kein Deutsch, nur Englisch. "Ich vermisse meine Familie, aber ich liebe die Arbeit hier, und wie nett alle zu mir sind. Ich bekomme so viel Unterstützung", sagt Martinez. Der Rhythmus Arbeit, Sprachschule, Schlafen ist jetzt ihr Alltag. Doch auch sie ist bereit für dieses Opfer, um in Deutschland Fuß zu fassen.

Das Hamburger Abendblatt wird Maria de los Angeles Moral Moral auf ihrem Weg in ein neues Leben in Deutschland begleiten. In den kommenden Monaten werden wir über das berichten, was sich im Leben der Spanierin ereignet hat.