68 Jahre alter Angeklagter schweigt vor Gericht - und muss nun 1200 Euro Strafe zahlen

Norderstedt/Ellerau. Helga B., 82, aus Ellerau hatte Anfang Juli des vergangenen Jahres gerade die Sparkassenfiliale ihres Wohnortes verlassen und ging den Bürgersteig entlang, als sie einen kräftigen Stoß spürte, der sie zu Boden warf. Vor Schmerzen schreiend fand sie sich auf dem Bürgersteig liegend wieder und erkannte einen VW-Transporter, der sie offensichtlich beim Ausparken vom Sparkassenparkplatz angefahren hatte.

Die Rentnerin wurde mit einer zertrümmerten Schulter in eine Klinik gebracht. Sie erhielt eine Prothese und erzählt in der Gerichtsverhandlung vor dem Amtsgericht in Norderstedt, dass sie bis heute ihren rechten Arm nicht richtig "einsetzen" könne. Der Unfallverursacher Volker K., 68, aus Alveslohe habe sich nie bei ihr gemeldet oder entschuldigt, empört sich Helga B. Auch in der Gerichtsverhandlung, in der Volker K. sich wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten muss, schweigt der Angeklagte. Die Beweisführung ist deshalb nicht einfach, da es keine Augenzeugen des Unfalls gibt. Polizist Dirk T., 42, aus Henstedt-Ulzburg kam erst, als sich das Unfallopfer bereits im Krankenwagen befand. Er berichtet, dass sich der Angeklagte sofort nach seinem Eintreffen als Unfallbeteiligter gemeldet und sichtbar schockiert gewirkt habe. Mehrmals habe er davon gesprochen, die alte Dame übersehen zu haben.

Für den Verteidiger besagt diese Äußerung gar nichts. Die alte Dame könne ebenso gut von selbst aufgrund eines Altersgebrechens gefallen sein, meint der Jurist und unterstellt sogar, Helga B. wolle auf diese Weise ein Schmerzensgeld der Haftpflichtversicherung herausschlagen. Die sowohl körperlich als auch geistig fit wirkende alte Dame quittiert diese Bemerkungen mit ungläubigem Kopfschütteln. Gegen seinen Mandanten müsse das Verfahren eingestellt werden, da seine Beteiligung nicht bewiesen sei. Es könne auch ein anderer Wagen die Frau angefahren haben, meint der Verteidiger.

Diese Ausführungen überzeugen Amtsrichterin Katrin Thron ganz und gar nicht. Für sie steht nicht zuletzt wegen der spontanen Äußerungen am Unfallort fest, dass es der Angeklagte war, der trotz nicht feststellbarer Spuren am Fahrzeug die Rentnerin beim Rückwärtsausparken übersah und anfuhr. Die Mutmaßungen des Verteidigers seien in das Reich der Fantasie zu verbannen, so die Richterin, die den bisher nicht vorbestraften Angeklagten schließlich zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt.