Eine Glosse von Matthias Popien

Kaum ein Volk auf der Welt ist so flexibel wie die Samoaner. Kollektiv stellen sie die Uhr um - nicht nur um eine Stunde, sondern um einen ganzen Tag. Von Donnerstag geht es gleich auf Sonnabend, der heutige Freitag fällt aus. Denn der Inselstaat, der hart an der Datumsgrenze liegt, will sich kalendarisch an seine wichtigsten Wirtschaftspartner Australien und Neuseeland anpassen.

Wir stellen uns kurz vor, was ein solches Verhalten in Europa bedeuten würde. Zirka 2,5 Millionen Klagen würden bei den Gerichten eingehen. In allen Fällen geht es um ein und dieselbe Frage: Was geschieht mit Verträgen, die am Freitag, 30. Dezember, auslaufen? Rund 250 000 Kläger werden, weil sie mit der Entscheidung der unteren Instanzen nicht einverstanden sind, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen und ihn auf Jahre hinaus blockieren.

Günther Jauch kündigt empört bei RTL, weil für seine Freitagsfolge von "Wer wird Millionär" kein Ersatztermin zu finden ist. Das "Forsthaus Falkenau" wird zum Irrenhaus Falkenau, weil sich Konstantin nicht in Jenny vergucken kann, wie ursprünglich für den 30. Dezember geplant, und deshalb als Waldschrat durch zukünftige Folgen irrlichtert.

Aus der Vierschanzen-Tournee wird eine Dreischanzen-Tournee, weil Oberstdorf ausfällt. Nach dem Abschlussspringen in Bischofshofen, das erneut von einem deutschen Sportler gewonnen wird, legen die Österreicher Protest gegen die Gesamtwertung ein. Daraufhin boykottieren deutsche Skitouristen Österreich. Das Land wird zahlungsunfähig. Merkels Rettungsschirm funktioniert nicht, Europa wird in den Abgrund gerissen. Auch Australien und Neuseeland wackeln.

Die Samoaner stellen plötzlich fest, dass sie wirtschaftlich doch eher Richtung Osten orientiert sind, wo die USA locken, und springen wieder zurück über die Datumsgrenze. Mann, sind die flexibel.