Der KBA hat jetzt ein Spezialfahrzeug, das einmalig in Deutschland ist. Viele Schwerlast-Transporte stellen die Rettungsdienste vor Probleme

Norderstedt. Das ist der Albtraum eines jeden Rettungssanitäters: Ein schwergewichtiger Mensch wird krank, muss ins Krankenhaus transportiert werden. Dann ist Millimeterarbeit und austariertes Balancieren angesagt. In einem herkömmlichen Rettungsfahrzeug sind Frauen oder Männer, die schwerer als etwa 160 Kilogramm sind, kaum zu transportieren. Die Patiententragen lassen höheres Gewicht nicht zu. Vor diesem Hintergrund ist eine neue Entwicklung der Norderstedter Hilfsorganisation KBA (Krankentransporte, Behinderten- und Altenhilfe) für Krankentransportunternehmen in ganz Deutschland interessant: Der neue und bisher einzigartige Schwerlastkrankenwagen wurde gestern erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Das Problem bleibt der Öffentlichkeit verborgen. Stark übergewichtige Frauen und Männer verlassen selten das Haus und leben eher unbeachtet in den eigenen vier Wänden.

Aber: "Die Zahl der Einsätze mit Patienten, die so schwer sind, dass sie nicht mehr mit regulären Rettungsmitteln transportiert werden können, nimmt jährlich gravierend zu", sagt KBA-Geschäftsführer Michael Vollmer. Joachim Seyferth, Leiter der Rettungsleitstelle Holstein in Norderstedt, stimmt ihm zu. Michael Vollmer und sein KBA haben das Problem schon lange im Blick. Zusammen mit der Firma Ruthmann, die sich unter anderem auf Hubwagen spezialisiert hat, wurde der Schwerlast-Krankenwagen konstruier und zunächst speziell für die Norderstedter Rettungsorganisation gebaut. Die Lösung ist einfach und wirkungsvoll: Das wannenartige Innere des äußerlich normal wirkenden Rettungswagens ist auf Bodenniveau absenkbar, so dass die spezielle Schwerlast-Trage hinein- und hinausgeschoben werden kann. Um das zu erreichen, ist die Hinterachse des Transporters zweigeteilt. Im Inneren des Fahrzeugs gibt es ein flexibles Fixiersystem für Krankentragen, Krankenhausbetten und Elektrorollstühle. Für 90 000 Euro wurde der Krankentransporter zu einem Spezialfahrzeug umgestaltet. Die Krankenkassen bezahlen den Patientennotfalltransport, der erheblich teurer ist als ein normaler Krankentransport.

Ein Jahr lang hat der KBA den Schwerlast-Krankenwagen getestet und parallel dazu eine aus zwölf Personen bestehende Rund-um-die-Uhr-Einsatzgruppe zusammengestellt. Sie besteht aus erfahrenen Rettungsassistenten und -sanitätern des KBA, die speziell ausgebildet wurden, um die nicht alltäglichen Situationen beherrschen zu können. Der rund um die Uhr einsatzbereite Krankenwagen wird in Hamburg, Schleswig-Holstein sowie in weiten Teilen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins eingesetzt. Michael Vollmer schätzt den mittelfristigen Bedarf pro Bundesland auf zwei bis drei Fahrzeuge dieser Art.

Auch Leitstellenchef Joachim Seyferth, der gleichzeitig Gemeindewehrführer in Norderstedt ist, sieht das so: "Der Bedarf ist vorhanden." Er ist froh über die spezielle Transportmöglichkeit. Transporte von stark übergewichtigen Patienten wurden in Norderstedt bisher per Feuerwehr-Lkw bewerkstelligt. In der Hansestadt Hamburg wurden dafür häufig umgerüstete Omnibusse genutzt, Tragen oder Betten mussten mit einen Seil hochgezogen werden. "Es war immer schwer, die Tragen oder Betten zu fixieren", sagt Joachim Seyferth.