Norderstedt. "Das geht zu weit! Das will ich nicht mehr sehen!", sagte eine Dame jenseits der 70 Jahre und blickte empört in den Saal der "TriBühne". Auf der Bühne hing eine Hakenkreuz-Fahne, und die Dame fühlte sich an die Zeit erinnert, als Hitler Deutschland ins Verderben stürzte. Die Dame und mit ihr 500 Zuschauer überwiegend der gleichen Generation wurden auch an Hitlers Überfall auf Polen erinnert. Am 1. September 1939 war das, und auch auf der Bühne eines Warschauer Theaters gingen die Lichter aus.

"Sein oder Nichtsein" führte das Ensemble der Theaterfestspiele Kempf in der "TriBühne" auf, und die Satire von Nick Whitby nach dem Film "To Be or Not to Be" von Ernst Lubitsch brachte so manchen Zuschauer in Bedrängnis. Darf man über Hitler Witze machen, den "Führer" karikieren? Das Ensemble forderte das Publikum heraus, genoss das Zwiespältige des Stücks zwischen Juden-Verfolgung und Polen-Überfall, zwischen dumpfgeilen Nazi-Bonzen und eifersüchtigen Schauspielern, mörderischer Zukunft und glorreicher Schauspieler-Vergangenheit.

Bernhard Bettermann als Theaterstar Josef Tura und Isabella Hübner als seine kapriziöse Schauspieler-Ehefrau Maria zogen das Ensemble temporeich durch das Stück. Mit Lust an der Selbstironie spielten sie den Sarkasmus aus, den Situationswitz, die Eitelkeit der Theaterwelt, die auf die Katastrophe der Nazi-Diktatur trifft. Zudem verlangt der rasche Szenenwechsel einen ebenso raschen Bühnen-Umbau, den das Ensemble meisterlich wuppt.

Bettermann, bekannt als Dr. Martin Stein in der ARD-Serie "In aller Freundschaft", zeigte eindrucksvoll, dass er auch auf der Bühne präsent sein kann, chargierte als Schmieren-Komödiant nach Herzenslust, gab den eifersüchtigen Ehemann fast selbstzerstörerisch. Als Spion läuft er zur Hochform auf. Ihm ebenbürtig Isabella Hübner als laszive, gelangweilte, dann wieder verliebte und tiefgründige Maria. Dankbarer Schlussapplaus.