An der Dietrich- Bonhoeffer-Schule in Kaltenkirchen herrscht eine angenehme Atmosphäre. Die Eltern vertrauen den Lehrern der Schule.

Kaltenkirchen. Im Obergeschoss der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in der Stadt Kaltenkirchen gilt das Gebot der konstruktiven Ruhe. Die großzügigen Gänge sind mit Teppich ausgelegt, sie dämpfen jeden Schritt. Vor einem Raum sitzt ein Schüler-Trio, vertieft in Lesematerial. Keineswegs ist dies eine Strafarbeit - die Tür neben ihnen ist geöffnet, und ein Blick nach innen lädt ein zur intensiven Gruppenarbeit. Der Unterrichtsschluss ist nur noch wenige Minuten entfernt, doch in der 7c ist niemand unruhig ob des nahenden Mittagsgongs.

Unter der Anleitung von Deutschlehrerin Inga Ritter, 32, analysiert die Klasse den Fantasy-Roman "Reckless" unter verschiedenen Aspekten. "Wir bereiten uns gerade auf einen Besuch im Hamburger Thalia-Theater vor. Dort wird das Buch auf der Bühne aufgeführt", erzählt die gut gelaunte Pädagogin, bevor sie sich wieder den Teenagern widmet.

Es ist das hehre Ziel einer jeden Bildungseinrichtung, dass Schüler und Lehrer in der optimalen Balance zwischen Distanz und Harmonie koexistieren. "Eine Atmosphäre, die als angenehm empfunden wird", so beschreibt es Heino Bruhn, seit 2004 Leiter der Regionalschule. Denn: "Nur wer sich wohl fühlt, kann auch gut arbeiten." Der 64-Jährige, der vor sieben Jahren aus Elmshorn kommend die Stelle übernahm, ist stolz darauf, jeden Winkel des 1980 fertig gestellten Gebäudes vorzustellen. Der Klinkerbau bedurfte bisher keiner Renovierung. "Die Atmosphäre an der Schule spiegelt sich im Zustand wider, und der ist vorzeigbar", sagt Bruhn.

Im Jahr 2009 wurde aus der Realschule eine Regionalschule

Die 2009 in Zuge der landesweiten Schulreform erfolgten strukturellen Umwälzungen - aus einer Real- wurde eine Regionalschule, die auch frühere Hauptschüler aufnimmt - sieht er im Rückblick als bewältigt an. "Nachdem die Regierung die Reformen beschlossen hatte, wurde hier in Kaltenkirchen darüber diskutiert, was aus den bestehenden Schulen wird. Die Regionalschulen sollten nach Bildungsgängen unterscheiden und äußerlich differenzieren."

Das letztere Prinzip ist heute zwar nicht mehr obligatorisch, wird jedoch am Flottkamp beibehalten. So gibt es aktuell in der siebten Stufe neben zwei Realschulklassen auch eine separate Hauptschulklasse. Es wird allerdings darauf geachtet, dass die Trennung nicht alle Fächer umfasst. "Die Schüler machen weiterhin etwas gemeinsam. Der Sportunterricht ist im Kursverband, auch die Wahlpflichtkurse", sagt Konrektor Axel Pade, 50. "Die Idee dahinter ist, dass eine Stigmatisierung gar nicht erst aufkommt." Bruhn ergänzt: "Die Gefahr war, dass Hauptschulkinder im Rahmen einer Wertigkeit benachteiligt werden. Aber das ist nicht der Fall und im Alltag auch nicht vorstellbar."

Connor Gippe, 15, gehört zum letzten Jahrgang, der noch rein aus Realschülern besteht. Er ist ein gutes Beispiel dafür, wie die "DBS" nicht allein als Dienstleister in Sachen Bildung, sondern als Möglichkeit zur Mitgestaltung wahrgenommen wird. "Ich bin in der Theater-AG, wo wir zuletzt Shakespeares Sommernachtstraum aufgeführt haben. So kann ich dem Schulalltag entfliehen und entspannen, bevor es an die Hausaufgaben geht." Der Zehntklässler beteiligte sich zudem freiwillig, als seine Schule unlängst zum dritten Mal an der "Nacht der Mathematik" teilnahm. "Erst dachte ich, eine ganze Nacht lang Mathe, das ist so anstrengend. Aber es war locker, weil alle freiwillig dabei mitgemacht haben."

Die Zahl der Anmeldungen übersteigt die zur Verfügung stehenden Plätze

Von 18 bis 3 Uhr büffelten 30 Schüler mit Unterstützung der Lehrer an Aufgaben, die anspruchsvoller waren als der normale Stoff. Erlebnisse wie diese sind ein Grund, warum Connor Gippe "immer mit einem positiven Gefühl in die Schule geht." Seine Beschreibung der Pädagogen darf durchaus als Lob verstanden werden. "Die Lehrer sind nicht so spießig - wenn ich das so sagen darf. Sie sind nicht zu streng, aber auch nicht zu weich."

Dass der Ruf der Dietrich-Bonhoeffer-Schule stetig besser wird, verdeutlicht auch die Zahl der Anmeldungen, die das Angebot an Plätzen in den fünften Klassen längst übersteigt. "Das ist einerseits schlecht, weil wir Kinder ablehnen müssen. Aber andererseits unterstreicht es das Ansehen der Schule", sagt Heino Bruhn. Die Eltern aus Kaltenkirchen und den umliegenden Gemeinden vertrauen der Schule, weil sie die Kinder und Jugendlichen auf einem hohen Niveau unterrichtet. "Das führt dazu, dass Schüler mit mittlerem Abschluss am Gymnasium problemlos weiterarbeiten können", so Bruhn.

Dass direkt nebenan das Gymnasium Kaltenkirchen beheimatet ist, wird intensiv genutzt. Die Kooperation beschränkt sich keinesfalls nur auf die gemeinsame Nutzung der Mensa. "Wer nach unserer Einschätzung so stark ist, dass er von der Leistung auf einem Gymnasium weiterkommen kann, schnuppert dort für einen Tag hinein", erklärt Heino Bruhn.

Etwa 38 Prozent der Schulabgänger wechseln auf das Gymnasium

Die Zahlen sprechen für sich: Rund 38 Prozent der Abgänger der Dietrich-Bonhoeffer-Schule besuchen anschließend erfolgreich entweder das Gymnasium Kaltenkirchen oder ein berufsbildendes Gymnasium. Auch eine der Töchter von Verena Keller ist diesen Weg bereits gegangen; heute hat die 47-jährige Vorsitzende des Schulelternbeirats eine weitere Tochter im zehnten Jahrgang und verspricht lachend: "Sie wird definitiv nicht mein letztes Kind hier sein."

Diese Worte wird Heino Bruhn gerne vernehmen. Für die Zukunft sieht er die Schule bestens aufgestellt. "Bei uns ist die Welt noch in Ordnung."